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BIM, Building Information Modeling

Building Information Modeling (BIM) soll ab dem Jahr 2020 verbindlich für die Planung von Gebäuden eingesetzt werden. Ausgehend davon ist BIM ein in den letzten Monaten viel diskutiertes Thema. Da die Erfahrungen in der Breite fehlen, stehen viele Fragen im Raum. Mit diesem Beitrag möchten die Autoren Dr. Peter Vogel und Dr. Christoph Schünemann ausgehend von den eigenen praktischen Erfahrungen aufzeigen, welche Herangehensweise sinnvoll ist, um BIM im Planungsprozess der Technischen Gebäudeausrüstung zu etablieren. Dabei soll anhand des BIM-Prozesses, den die Autoren innerhalb des Unternehmens, in dem sie tätig sind, aufgebaut haben, auf die derzeitigen Möglichkeiten und aktuell vorhandene Limitierungen von BIM eingegangen werden.

Der Beitrag ist zuerst in der GI 1/17 erschienen.

1. Was ist BIM

BIM (Abk. für Building Information Modeling) ist eine modellbasierte Planungsmethode. Diese kurze Definition weist auf die zwei wesentlichen Elemente, die untrennbar miteinander verbunden sind, hin: Modell und Methode. D.h. ohne das jeweils andere funktioniert BIM als Gesamtes nicht. Die Basis für den methodischen Prozessansatz bildet ein 3D-Modell aus attribuierten Bauteilen, eine Kombination von 3D-Geometrie und alphanumerischer Information, die diesem Modell hinzugefügt werden können.

Wichtig für das Verständnis ist, dass BIM keine Software ist – auch wenn heute viele Softwareprodukte, insbesondere CAD-Systeme, unter diesem Begriff vermarktet werden. BIM stellt aber für die Umsetzung als Methode bestimmte Anforderungen an Programme, damit diese BIM-fähig sind. Dazu gehören unter anderem parametrisierbare 3D-Objekte mit assoziierten alphanumerischen Objektinformationen, eine die Planung vereinfachende Bauwerksstrukturierung, automatische Planableitungen und Auswertungen sowie eine funktionierende Schnittstelle für den Datenaustausch [2].

2. Der BIM-Prozess

Um den BIM-Prozess in den Arbeitsalltag der Planung zu integrieren, sind vorab folgende Themenschwerpunkte zu bearbeiten:

  • Analyse der Arbeitsabläufe im vorhandenen Planungsprozess
  • Prüfen der Ansätze und Potenziale durch BIM
  • Prozessentwicklung der BIM-Methode
  • Klärung der Schnittstellen zwischen Planungstools und BIM-Modell
  • Entwicklung der Schnittstellen zwischen Planungstools und BIM-Modell
  • Schrittweise Einführung von BIM (Prozessschritte, Personenkreis)


Ziel der Einführung von BIM muss es sein, den Prozessgedanken des Planens und Bauens, wie er in der Produktion üblich ist, aufzubauen. Nur dann kann dieser methodische Ansatz sein maximales Potenzial entfalten. Für die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung ergibt sich der Ausgangspunkt durch die immer höhere Komplexität der Gebäude, die zu einer 3D-Modellierung zwingt. Bisher wurde dieses Potenzial aber eher dazu genutzt, ausschließlich die notwendigen Installationsräume optimal zu nutzen. Neben den geometrischen Anforderungen führt auch die Entwicklung immer detaillierterer Berechnungsverfahren zu 3D-Modellen. Während früher Formblätter die Basis waren, ist die Bestimmung der Kühllast heute ein dynamisches Berechnungsverfahren, das genau wie die EnEV und andere Berechnungen für die erfolgreiche Bearbeitung von Großbauten auf ein 3D-Modell angewiesen ist.

Der ungenügende Ist-Zustand, den wir heute aus Sicht der TGA üblicherweise für große Bauvorhaben vorfinden, ist in Bild 1 dargestellt: Der Architekt liefert in der Regel Pläne und eventuell ein 3D-Modell. Der Planer, insbesondere der TGA-Planer, muss aufgrund seiner Anforderungen im 3D-Modell arbeiten. Die Berechnungen erfordern oft ebenfalls die Arbeit in 3D, genauso wie der EnEV-Nachweis und die Statik. Das große Defizit an diesem Prozessablauf ist, dass jeder am Planungsprozess Beteiligte ein eigenes 3D-Modell mit eigenen Daten erstellt und es keine definierte Schnittstelle zwischen diesen Modellen und Daten gibt. Ausgehend davon, ist im Planungsprozess die Suche nach dem derzeit aktuellen Daten- bzw. Planstand übergreifender Gewerke ein zentrales Thema.

 BIM Bild 1: Ist-Zustand des Planungsprozesses aus Sicht der TGA1

Bild 1: Ist-Zustand des Planungsprozesses aus Sicht der TGA. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

3. Ausgangspunkt BIM-Prozess

Am Beispiel des Unternehmens, dem beide Autoren angehören, soll der Ausgangspunkt aus dem der BIM-Prozess heraus entwickelt wurde, vorgestellt werden: Der Fokus des Unternehmens liegt auf der Planung komplexer Bauvorhaben und Sonderbauten wie Messehallen, Museen oder Flughafenterminals. Dafür ist ein großes Portfolio an Simulationstechniken notwendig, die jeweils eine Vielzahl von Randbedingungen enthalten und eine große Menge an Ergebnisdaten produzieren. Diese müssen wiederum gesammelt, verwaltet und visualisiert werden. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, sich mit dem Thema Datenhaltung, -management und -visualisierung zu beschäftigen, welches sich im BIM-Prozess wiederfindet. Die Methoden, die hierfür im Unternehmen verwendet werden, sind in Bild 2 schematisch dargestellt:

  • Gebäudeum- und -durchströmung zur Einschätzung von Winddruckverteilung, Infiltration oder Fassaden- und Zugangsqualitäten
  • Thermische Gebäudesimulation: Berechnung von Heiz- und Kühllasten sowie Energiebedarfen
  • Anlagensimulation: Zusammenspiel der Versorgungskomponenten
  • Lichtsimulationen: Ermittlung des Schädigungspotenzials durch ultraviolette Strahlung
  • Strömungssimulationen: Temperatur- und Feuchteverteilung in Gebäuden, Untersuchungen zur Behaglichkeit
  • Brandsimulation: für sicherheitstechnische Fragestellungen bzgl. Entrauchung
  • Messungen: verifizieren die Simulationen und erfassen die anzusetzenden Randbedingungen

 Bild 2: Leistungsbilder des Unternehmens, dem beide Autoren angehören, mit der Herausforderung deren Daten im BIM-Prozess zu sammeln und zu visualisieren.

Bild 2: Leistungsbilder des Unternehmens, dem beide Autoren angehören, mit der Herausforderung deren Daten im BIM-Prozess zu sammeln und zu visualisieren.

 
Mittels dieser verschiedenen Untersuchungsmethoden ist es möglich von der Gebäudeumströmung über die Gebäudedurchströmung, die thermische Gebäude- und Anlagensimulation, die Strömungs- und Brandsimulation und die Lichtsimulation, sämtliche Fragestellungen, die im Gebäude auftreten können, zu untersuchen. Der kritische Punkt dieser Analysemethoden war bis vor wenigen Jahren, dass diese jeweils als Stand-Alone-Lösungen existierten und die Vielzahl an Daten nicht in einem Modell gesammelt werden konnten. Dementsprechend existierten die Ergebnisse der Untersuchungen parallel zum ordinären Planungsprozess ohne Schnittstellen zwischen Simulation und Planungsgeschehen. In den letzten Jahren wurden die Simulationstechniken gemäß der Unternehmensphilosophie in den Planungsprozess integriert. Dafür war es notwendig, Schnittstellen in Richtung Architektur, Haustechnik, Gebäudeautomation usw. zu entwickeln, um letztendlich die Daten und Informationen der verschiedenen Methoden untereinander transferieren zu können.

Warum nun auch noch BIM: Im Projektgeschäft wird vor allem bei Großprojekten eine einheitliche Datenbasis für die Planung und Simulationen benötigt. Der konventionelle Planungsprozess nach Bild 1 ist dafür nicht zielführend, da jeder Planungsbeteiligte sein Modell bearbeitet und jeder seine Art von Daten und Struktur entwickelt. Benötigt wird aber eine gemeinsame Datenbasis, in der die Randbedingungen und Ergebnisse strukturiert abgelegt werden. Hierfür eignen sich die methodischen Ansätze von BIM mit einem zentralen 3D-Gebäudemodell.

4. BIM im Planungsprozess der TGA

Welche einzelnen Schritte bei der Planung der Technischen Gebäudeausrüstung innerhalb des BIM-Prozesses beachtet werden müssen, lässt sich in einem Spannungsbogen vom Start der Planung bis zum Ende wie in Bild 3 darstellen. Dieser Spannungsbogen wird im vorliegenden Fall wie folgt untergliedert:

  • das Sammeln der Daten
  • das Visualisieren der Daten
  • das Berechnen der Lasten
  • die Analyse der Lasten
  • die Zuordnung der Anlagen und Systeme
  • die Dimensionierung der Anlagen und Systeme
  • die Konstruktion, Visualisierung und Kollisionsprüfung
  • die Massen- und Kostenermittlung
  • die Ausschreibung und Terminplanung

Im Folgenden werden die einzelnen Arbeitsschwerpunkte des BIM-Prozesses genauer erläutert.

BIM Abbildung Bild 3: BIM-Prozess bei der INNIUS GTD visualisiert als Spannungsbogen.

Bild 3: BIM-Prozess bei der INNIUS GTD visualisiert als Spannungsbogen. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.1 Daten sammeln

Eine der wichtigsten Tätigkeiten im Zuge eines Projektes ist das Sammeln und Aktualisieren der notwendigen Informationen bzw. Randbedingungen der Berechnung. Sie bilden die Grundlage für Analyse, Auslegung und Design eines Bauvorhabens und sind somit von existenzieller Bedeutung. In der digitalen Welt von BIM existieren verschiedene Programmsysteme, die das Sammeln von Daten in einer übersichtlichen und strukturierten Form ermöglichen. Ein Beispiel ist das Programm Allplan Allfa der Firma Nemetschek [3]. Da jedoch nicht in allen Projekten davon ausgegangen werden kann, dass solche Programmsysteme zur Verfügung stehen, stellt sich die Frage, mit welchem Programmsystem man noch agieren kann, um Daten bzw. 3D-Modelle zu bearbeiten und zu visualisieren.

Das Programm simplebim der Firma Datacubist [4] ist eine Möglichkeit, dies zu tun und stellt eine Art Toolbox dar, mit der auf die Inhalte einer IFC-Datei zugegriffen werden kann. In Bild 4 ist ein Bildschirmausschnitt der Software simplebim 4 dargestellt. Mit dem Programm können sowohl Eigenschaften des 3D-Modells bearbeitet als auch visualisiert werden.

Bild 4: Die Software simplebim zum Visualisieren und Bearbeiten des BIM-Modells im IFC-Format.

Bild 4: Die Software simplebim zum Visualisieren und Bearbeiten des BIM-Modells im IFC-Format. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

Auch das Importieren neuer Eigenschaften über Excel ist möglich, sodass althergebrachte, beliebte Methoden wie Excel- Tabell en oder CSV-Formate eingelesen werden können. Dadurch ist es auf einfache Art und Weise möglich, Parameter eines Raumes oder Profiltyps in das IFC-Modell zu importieren und mit Eigenschaften zu versehen. Beispielhaft ist dies in Bild 5 dargestellt.

Bild 5: Parametertabelle für die Definition von Randbedingungen der unterschiedlichen Raumprofile im Gebäude.

Bild 5: Parametertabelle für die Definition von Randbedingungen der unterschiedlichen Raumprofile im Gebäude. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.2 Daten visualisieren

Neben dem Sammeln der Daten ist im Planungsprozess die Visualisierung dieser Daten ein zentrales Thema. Eine Grundeigenschaft von BIM ist es, dass alle denkbaren Werte im 3D-Modell visualisiert werden können. Das heißt nicht nur alphanumerische Angaben sondern auch Nutzungsprofile, wie in Bild 6 dargestellt, oder andere Eigenschaften. Die Entwicklungen gehen jedoch über das einfache Darstellen von Werten hinaus. So können auch Zeitpläne visualisiert und verarbeitet werden.

Bild 6: Visualisierung und Einfärbung von Raumparametern des BIM-3D-Modells.

Bild 6: Visualisierung und Einfärbung von Raumparametern des BIM-3D-Modells. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

In Abhängigkeit von der Art des Projektes und der Anzahl der mitarbeitenden Gewerke wird eine sehr große Anzahl von Informationen zusammenkommen, sodass das Modell schnell unübersichtlich wird. Für diesen Fall kann man im Programm simplebim entsprechende Filtersätze definieren, mit denen nur die ausgewählten Variablen angezeigt werden (Bild 7). Der große Vorteil eines digitalen Modells ist nicht nur, dass eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Variablen angelegt, visualisiert und gefiltert werden kann (ob das nun der Raum, die Wand, das Fenster oder die Tür ist), sondern dass diese Eigenschaften auch selektiv sortiert, kombiniert und ausgewählt werden können. So ist es beispielsweise möglich, sich alle Räume mit dem EnEV-Profil „Lager“ in der Ebene 1 anzeigen zu lassen, die größer als 50 m² sind. Solche Kombinationen sind sehr hilfreich, wenn man Gebäude mit sehr vielen Räumen hat, um diese gesuchten Räume zügig zu identifizieren.

Bild 7: Definieren von Filtersätzen.

Bild 7: Definieren von Filtersätzen. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.3 Berechnung und Analyse der Lasten

So wie der Planungsprozess als Ganzes in Einzelaufgaben strukturiert werden muss, so müssen auch komplexere Einzelthemen im Sinne des Prozessgedankens und des Informationsflusses aufgearbeitet werden. Ein solches, zugleich auch noch sehr wichtiges Thema ist das Berechnen der Heiz- und Kühllasten. Im Unternehmen, dem die Autoren angehören, werden die zeitaufgelösten thermischen Lasten mittels thermischer Gebäudesimulation bestimmt. Damit sind über die Normung hinausgehende Betrachtungen und Analysen möglich. Hierfür wird das 3D-Modell im IFC-Format vom Server in das Berechnungsprogramm IDA ICE der Firma EQUA [5] eingefügt, in dem zuvor die Daten über die benannten Wege importiert wurden. Nach erfolgter Berechnung werden die thermischen Lasten auch im zentralen Modell abgelegt. Somit werden nicht nur die Randbedingungen der Berechnungen sondern auch die Ergebnisse zwischen BIM-Modell und Simulationsprogramm ausgetauscht.  Zudem sind Schnittstellen entwickelt worden, die eine Weiterverarbeitung der Daten in Richtung Planung ermöglichen und über Programmsysteme, wie das Allplan Alpha, auch das Facility Management bedienen.

Dass das Ganze funktioniert, zeigen die in diesem Kontext bearbeiteten Bauvorhaben im Unternehmen, dem die beiden Autoren angehören, wie das Klinikum Höchst mit ca. 3.000 Räumen, der Neubau Messehalle 12 in Frankfurt am Main mit ca. 950 Räumen oder das Modell des Neubaus Terminal 3 am Frankfurter Flughafen mit knapp 4.000 Räumen (Bild 8).

Bild 8: BIM-3D-Modell des Neubaus des Terminal 3 am Frankfurter Flughafen.

Bild 8: BIM-3D-Modell des Neubaus des Terminal 3 am Frankfurter Flughafen. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

Die Analyse der Simulationsergebnisse stellt für die Festlegung der technischen Systeme ein ganz zentrales Element des weiteren Prozesses dar. Alleine ein Datensatz an thermischen Simulationsdaten (Jahresverlauf) weist für das Klinikum Höchst über 80 GB auf. Konventionelle Programme sind für die Verarbeitung und Visualisierung derartiger Datenmengen im Kontext BIM nicht verfügbar. Daher wurde auf SQL-Basis ein Datenbanksystem aufgebaut, das in der Lage ist, die Daten für die Räume zu sammeln und sie einer Visualisierung und Auswertung, wie wir sie standardmäßig für thermische Lasten benötigen, zuzuführen. Mit diesem Analysetool (Bild 9) können neben der Visualisierung von Zeitverläufen und Energiebilanzen auch Statistiken erarbeitet werden. Dies gilt sowohl für einzelne Zonen als auch eine Gruppe ausgewählter Zonen.

Bild 9: Darstellung der Simulationsergebnisse am Beispiel Klinikum Höchst. Links die farbliche Visualisierung der Kühllastverteilung und rechts die Energiebilanz einer ausgewählten Zone im Analysetool.

Bild 9: Darstellung der Simulationsergebnisse am Beispiel Klinikum Höchst. Links die farbliche Visualisierung der Kühllastverteilung und rechts die Energiebilanz einer ausgewählten Zone im Analysetool. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

Da IFC eine objektbasierte Methode ist, ähnlich einer objektorientierten Programmiersprache, können auch Objekte erzeugt werden, wie das in Bild 10 für die Gebäudedurchströmung dargestellt ist. In Abhängigkeit von der Strömungsrichtung und der Luftmenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fließt, können in den Überströmquerschnitten oder in den Türquerschnitten Pfeile erzeugt werden, die eine Auswertung und ansprechende Visualisierung der Ergebnisse ermöglichen.

Bild 10: Darstellen von Objekten für die Strömungsrichtung der Luft aus den Ergebnissen der Gebäudedurchströmung in Form von Pfeilen.

Bild 10: Darstellen von Objekten für die Strömungsrichtung der Luft aus den Ergebnissen der Gebäudedurchströmung in Form von Pfeilen. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.4 Zuordnung und Dimensionierung der Anlagen und Systeme

Der nächste Schritt im gesamten Planungsprozess ist die Zuordnung der Anlagen und Systeme. In Bild 11 ist dies beispielhaft für die Zugehörigkeit der Räume zu den RLT-Bereichen für ein vereinfachtes Modell in simplebim visualisiert. Eine einfache Darstellung der Zugehörigkeit der Räume zu gleichen Anlagen und Systemen ist somit ohne weiteres möglich, und hilft bei großen Gebäuden die Übersicht zu bewahren. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Dimensionierung der Anlagen im Prozess der Technischen Gebäudeausrüstung. Hier wurde dafür Sorge getragen, dass Ergebnisdaten wie Heiz- oder Kühllast aus der thermischen Gebäudesimulation direkt in das Konstruktionsprogramm importiert werden können. Davon ausgehend werden die Heizkörper- und Rohrnetzdimensionierungen auf Basis der Berechnungsergebnisse aus der thermischen Simulation vorgenommen.

BIM Abbildung 11

Bild 11: Zugehörigkeit der Räume zu den RLT-Bereichen für ein vereinfachtes Modell in simplebim. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.5 Visualisierung und Kollisionsprüfung

Da verschiedene Gewerke zusammenspielen müssen, kommt es natürlich zwangsläufig dazu, dass es Kollisionen zwischen Baukörper und Tragwerk auf der einen Seite und Rohrleitungen und Kanälen auf der anderen Seite gibt. Daher ist eine Kollisionsprüfung in vielen CAD-Systemen verankert, so wie zum Beispiel in Microstation (Firma Bentley) [6]. Das Problem ist aber, dass diese Kollisionen nicht Bestandteil des Modells sind, d.h. man kann sie visualisieren, aber erst die Anwendung von BIM führt dazu, dass Kollisionen auch automatisch gefunden werden, wie beispielhaft in Bild 12 mit der Software Bim Vision [7] dargestellt. An den Stellen, an denen Kollisionen auftreten, wird eine grüne Kugel sichtbar. Somit können Kollisionen schnell aufgezeigt und, da Bestandteil des Modells, systematisch abgearbeitet werden.

BIM Abbildung 12

Bild 12: Kollisionsprüfung in Verbindung mit Freeware-Viewer BIM Vision. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

4.6 Massen, Kosten und Ausschreibung

Die Punkte Massenermittlung, Kosten und Ausschreibung sind Themen, denen wir uns in Zukunft stellen werden. Der Grund, dass diese Aufgabe erst jetzt bearbeitet wird, liegt neben dem Aufwand, die bisher erreichte Prozessstruktur aufzubauen, am IFC-Format an sich. Im Jahr 2013 ist die letzte Version 2x4 verabschiedet worden, die wesentliche Erweiterungen bei den Objektklassen sowie den Eigenschaften- und Mengenpaletten beinhaltet im Vergleich zur Vorgängerversion 2x3. Damit wird der Komplexität in der Gebäudetechnik jetzt deutlich besser Rechnung getragen. Folglich sind jetzt auch genügend Elemente vorhanden, um sich dem Thema der Ausschreibung und Mengenermittlung mittels dieser Technologie zu widmen und die jetzt schon vorhandenen Mechanismen mit den Möglichkeiten der BIM-Welt zu koppeln.

4.7 Termine

Ein wichtiges Thema in der Planung ist die Erstellung von Terminen. Aus verarbeitungstechnischer Sicht sind Termine nichts anderes als eine Information, die es zu verwalten gilt. Insofern kann man praktisch Vorgangsdauer, -name und -vorgänger ebenfalls als Eigenschaft an die Bauteile oder Räume des Modells anhängen. Über Schnittstellen im MS-Project ist es möglich, diese Daten direkt aus der IFC-Datei des BIM-Modells auszulesen, sodass solche Abläufe automatisch generiert werden können. Das Ganze funktioniert auch bidirektional, d.h. eine Änderung in MS-Project kann wiederrum in die IFC-Datei importiert werden.

5. Schnittstellen

Die größte Herausforderung im Aufbau des BIM-Prozesses stellen die Schnittstellen zwischen dem BIM-Modell, beispielsweise im IFC-Format, und den einzelnen Berechnungs- und/oder CAD-Systemen dar. Ohne die entsprechenden Schnittstellen ist keine Prozessentwicklung realisierbar. In Bild 13 sind die Schnittstellen dargestellt, die für den hier vorgestellten BIM-Prozess entwickelt werden mussten. Die zentrale Aufgabe und Anforderung besteht dabei darin, alle Daten zentral im 3D-BIM-Modell zu halten. Von diesem BIM-Modell aus müssen Schnittstellen über IFC-Import- und IFC-Exportmöglichkeiten für sämtliche verwendete Zeichen- und Berechnungsprogramme vorliegen. In unserem Fall sind das die Modellerstellung in CAD, die Eingabe von Parametern, die Berechnungs- und Simulationssoftware, das Füllen von Raumstempeln und der Export von Plänen und Raumbüchern.

Bild 13: Auftretende Schnittstellen im BIM-Prozess

Bild 13: Auftretende Schnittstellen im BIM-Prozess. (Quelle: INNIUS GTD GmbH)

Diese BIM-fähigen Schnittstellen bieten viele Hersteller von Softwareprodukten an. Es ist jedoch wichtig, vorher zu prüfen, was diese als BIM-fähig deklarieren und ob dies zum eigenen BIM-Ablauf passt. Der vorgestellte BIM-Prozess wurde umgesetzt, bevor dies bei den Softwareherstellern relevant wurde. Somit wurde viel in Eigenleistung entwickelt. So ist es nun beispielsweise problemlos möglich, das BIM-3D-Modell und dessen Bauteile und Randbedingungen in die Gebäudesimulation zu importieren und die Ergebnisse wie Heiz- und Kühllast wieder zu exportieren. Zudem können durch den einfachen Import neuer Randbedingungen mit geringem Mehraufwand mit dem gleichen Modell der EnEV-Nachweis und die Anlagensimulation geführt werden. Die inzwischen realisierten Schnittstellen bringen also eine enorme Zeitersparnis im Planungsprozess mit sich, auch wenn deren Entwicklung zum Teil recht zeitintensiv ist.

6. Zusammenfassung

Durch die strikte und konsequente Strukturierung der eigenen Planungsabläufe konnte ein bis zur Kollisionsprüfung durchgängiger Prozess aufgezeigt werden. Ausschreibung sowie Massen- und Kostenermittlung sind Arbeitsschritte, die derzeit in Vorbereitung einer Implementierung in den BIM-Prozess sind.  Zentrales Element ist dabei ein IFC-Modell, das alle für den Prozess maßgeblichen Informationen enthält. Dies beschränkt sich nicht ausschließlich auf alphanumerische Werte, sondern kann auch Links zu entsprechenden Dokumenten und Zeitpläne enthalten und beispielsweise in simplebim visualisiert werden. Der Workflow wurde im Sinne einer modellbasierten Planungsmethode zielgerichtet mit Simulationsverfahren wie der Gebäudeum- und -durchströmung und der thermischen Gebäude-und Anlagensimulation verknüpft. Die dafür notwendigen Randbedingungen und Daten werden dabei konsequenter Weise aus dem IFC-Modell ausgelesen.

Die Ergebnisse der Berechnungen (z.B. Heiz- und Kühllast) werden dann wieder in das IFC-Model zurückgeschrieben. Die Verknüpfung des IFC-Modells mit entsprechenden zusätzlichen Datenbanken ermöglicht die Einbindung von Berechnungsergebnissen, wie z.B. dem raumweisen Jahresverlauf der Lasten. Dadurch entsteht ein ganzheitlicher digitaler Prozess, der Transparenz und Kontrolle schafft und zugleich zeit- und kostenintensive Routinearbeiten abnimmt. Die schnelle und umfassende Visualisierung der Information beschleunigt den Prozess und die Entscheidungsfindung. Möglich wurde dies u.a. durch das eigenständige und zielgerichtete Entwickeln von Schnittstellen. Nur dadurch konnten die Einzelschritte bewusst zu einem Gesamtprozess zusammengefügt werden.

Durch die dargelegte beschriebene Herangehensweise ist ein Arbeitsablauf im Sinne „Lean Management“ entstanden, der durch die Einbindung von verschiedenen Simulationen in Gänze Transparenz und Kontrolle sowie eine höhere Planungsqualität sichert. Es muss aber auch erwähnt werden, dass die beschriebenen Entwicklungen in einem mittelständischen Planungsbüro, wie dem, dem die beiden Autoren angehören, nur durch die langjährige Zusammenarbeit mit prozessorientierten und innovativen Partnern, wie der Fraport, der Messe Frankfurt/M. und der Messe Düsseldorf möglich waren und wurden. Die Entwicklung des BIM-Prozesses im Unternehmen, in dem die Autoren tätig sind, wird finanziell von der Europäischen Union und dem Freistaat Sachsen durch die Förderung der Stelle eines Senior InnoExpert von Juli 2015 bis Dezember 2017 unterstützt.

Literatur

[1] Pressekonferenz des BMVI zum Zukunftsforum digitales Planen und Bauen. Dobrindt, Bundesminister Alexander. s.l. : Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 15.12.2015.
[2] BIM-Leitfaden für Deutschland. Egger, M., Hausknecht, K., Liebich, T., Przybylo, J. Berlin : Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2014.
[3] Philipp, Markus. Praxishandbuch Allplan 2016. München : Carl Hanser Verlag, 2015. ISBN 978-3-446-44437-9.
[4] Oy, Datacubist. www.datacubist.com/. [Online] [Zitat vom: 18. 01 2017].
[5] AG, EQUA Solutions. www.equa.se/de/ida-ice. [Online] [Zitat vom: 18. 01 2017].
[6] Bentley Systems, Incorporated. www.bentley.com/de/products/product-line/modeling-and-visualization-software/microstation. [Online] [Zitat vom: 18. 01 2017].
[7] Datacomp Sp. z o.o. bimvision.eu/de/free-ifc-model-viewer-de/. [Online] [Zitat vom: 18. 01 2017].

Abkürzungsverzeichnis

BIM Building Information Modeling
CAD Computer Aided Design
EnEV Energieeinsparverordnung
IFC Industry Foundation Classes
RLT Raumlufttechnik
TGA Technische Gebäudeausrüstung

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