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Digitalisierung in der Energiewirtschaft

Die Stadtwerke in Deutschland befinden sich mitten in der digitalen Transformation – entsprechend nimmt die Digitalisierung inzwischen für sie eine so große Bedeutung wie noch nie ein. Das belegt auch die Stadtwerkestudie 2018, die im Auftrag der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) und des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erstellt wurde.

Zentrale Ergebnisse der Stadtwerkestudie 2018

Für die Stadtwerkestudie 2018 „Digitalisierung in der Energiewirtschaft – quo vadis? wurden die Vorstände und Geschäftsführer von 101 deutschen Versorgungsunternehmen aller Größenordnungen befragt. Das sind die Ergebnisse:

  • 77 Prozent der Stadtwerke wollen sich in den kommenden zwei bis drei Jahren stark oder sehr stark mit der Digitalisierung auseinandersetzen – vor einem Jahr waren es noch 71 Prozent.
  • Mit Smart Metering – also intelligenten Messstellen – wird von 75 Prozent der Stadtwerke ein eng mit der Digitalisierung verknüpftes Thema ebenfalls als besonders wichtig hervorgehoben.
  • 51 Prozent – also über die Hälfte – sehen die Digitalisierung inzwischen als Chance. Vor einem Jahr waren es noch 47 Prozent.
  • Der Anteil der Stadtwerke, die die Digitalisierung als Bedrohung wahrnehmen, ist von 27 auf 22 Prozent gesunken.
  • Mithilfe digitaler Technologien wollen 59 Prozent der Stadtwerke bis 2020 die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Geschäftsprozesse deutlich steigern
  • Mithilfe digitaler Technologien wollen 55 Prozent der Stadtwerke bis 2020 die Kommunikation mit Lieferanten und Kunden auf Echtzeit-Kommunikation in beide Richtungen umstellen.
  • Die Stadtwerke schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden zwölf Jahren zu grundlegenden, disruptiven Veränderungen kommen wird, durchschnittlich auf 35 Prozent.
  • Eine langsame Evolution dürfte nach ihrer Einschätzung mit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von knapp 30 Prozent eintreten.

"Der Erfolg hängt nicht vom Umsatz ab"

"Die Digitalisierung ist der Treiber der Transformation der Energiewirtschaft in den kommenden Jahren. Unsere Studie bestätigt unsere Beobachtungen, dass auch die Stadtwerke die Herausforderung angenommen haben und digitale Technologien zur obersten Priorität machen. Mit ihrer Hilfe wollen sie einerseits neue Ertragsquellen mittels neuer Geschäftsmodelle sondieren und andererseits die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Prozesse steigern und die Interaktionen mit dem Verbraucher verbessern", sagt EY-Partner Metin Fidan, Leiter des Energiesektors bei EY.

Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, betont:"Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass die Energieversorger die Chancen der Digitalisierung nutzen wollen. Das ist wichtig, denn der Digitalisierungsdruck durch Kunden und Marktteilnehmer wird weiter zunehmen. Der Erfolg des digitalen Wandels hängt dabei weder von der Mitarbeiterzahl noch vom Umsatz eines Unternehmens ab. Auch kleinere Unternehmen beweisen häufig, dass sie die Möglichkeiten der Digitalisierung gekonnt für sich nutzen. Von den weit über 1.800 BDEW-Mitgliedern sind mehr als 1.250 kleine und mittlere Unternehmen. Viele von ihnen sind mit Blick auf die Chancen der Digitalisierung längst aktiv."

Knapp 60 Prozent erwarten gute Geschäftslage

Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage können die Stadtwerke insgesamt auf eine starke Basis bauen als Ausgangslage für die anstehenden Herausforderungen. Die Einschätzung der Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorjahr noch verbessert: 59 Prozent erwarten gute oder sehr gute Geschäfte, 2017 waren es 56 Prozent. Sieben Prozent stellen sich auf schlechte Geschäfte ein. "Die Stadtwerke bringen alle Voraussetzungen mit, um im Wettbewerb bestehen zu können. Eine Schlüsselfrage wird sein, ob die kommunalen Eigner ihren Stadtwerken auch den notwendigen finanziellen Spielraum lassen, um in die Zukunft zu investieren. Die Stadtwerke werden den Transformationsprozess nur dann gestärkt meistern, wenn sie die notwendigen Investitionen auch tätigen können", so Kapferer.

Digitalisierung: Bürokratischer Aufwand größtes Hemmnis

Gute Voraussetzungen also für die Digitalisierung der Geschäftsmodelle. Allerdings stoßen die Stadtwerke auf Probleme, die sie bei ihren Vorhaben bremsen. An erster Stelle nennen sie den bürokratischen Aufwand, der für 65 Prozent ein Hemmnis darstellt. 63 Prozent sehen die personellen Ressourcen beziehungsweise die fehlende Qualifikation der eigenen Mitarbeiter als Hemmnis. Der Regelungsaufwand in der Energiewirtschaft ist in der Tat höher als in vielen anderen Branchen. Die Stadtwerke sehen sich mit zahlreichen Gesetzen und Regelungen konfrontiert, u.a. dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, dem Messstellenbetriebsgesetz oder dem IT-Sicherheitsgesetz. Die daraus folgenden gesetzlichen Anforderungen haben viele Stadtwerke schon angenommen – unter anderem durch den Rollout moderner digitaler Messeinrichtungen.

26 Prozent haben schon mit dem Rollout begonnen, 33 Prozent planen ihn für das laufende Jahr. "Und für die nächste Stufe – den Einbau intelligenter Messsysteme, also digitale Zähler, die kommunizieren können – haben die meisten schon eine Strategie in der Schublade", ergänzt EY. Sie warteten lediglich noch auf den Startschuss durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, der folgt, sobald die Geräte von drei Herstellern zertifiziert worden sind. Die Quote der Stadtwerke, die noch keine Strategie haben oder abwarten, sei jedenfalls von 46 Prozent auf 30 Prozent gesunken.

Hackerangriffe: 69 Prozent sehen Gefahr von Stromausfällen

Auch bei der IT-Sicherheit kommen die Unternehmen voran – wenngleich langsam: So stufen zwar 69 Prozent der Stadtwerke die Gefahr von Ausfällen in der Stromversorgung durch Hackerangriffe als hoch oder sehr hoch ein. Im Vorjahr war der Anteil mit 73 Prozent jedoch noch etwas höher. Fidan führt dies unter anderem auch auf die inzwischen erfolgten IT-Sicherheitsmaßnahmen zurück: "Die technische Sicherheit erscheint gut beherrschbar. Inzwischen haben 37 Prozent der Unternehmen ein Informationssicherheitssystem installiert. Vor einem Jahr waren es nur 13 Prozent. Über die Hälfte der Stadtwerke hat zudem einen IT-Sicherheitsbeauftragten benannt. Das zeigt, dass die Sicherheit ernst genommen wird."

Entscheidend sei jetzt, dass die Stadtwerke auch das nötige, qualifizierte Personal bekommen: "Mitarbeiter mit digitalen Kenntnissen und Fähigkeiten sind inzwischen in allen Branchen heiß begehrt. Gerade die kleineren Stadtwerke werden es im Wettbewerb um Fachkräfte schwer haben. Sie müssen unter Umständen schon früh anfangen, Kooperationen aufzubauen, um fehlendes internes Know-how von außen dazu zu holen", so Fidan abschließend. (fei)

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