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Fachbeitrag: Brennstoffzellen-Heizung richtig abrechnen

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2. Die Abrechnung nach gültiger Heizkostenverordnung

2.1 Betrachtung der Heizkostenverordnung (HKVO)

Die aktuelle Heizkostenverordnung definiert in § 11 Ausnahmen, wonach bestimmte Heizungsanlagen von einer Anwendung der §§ 3 bis 7 – also unter anderem von einer Pflicht zur Verbrauchserfassung und zur verbrauchsabhängigen Kostenverteilung – befreit sind. Zu diesen Anlagen gehören auch KWK-Anlagen, wenn diese „überwiegend“ die Wärmeversorgung eines Gebäudes gewährleisten. Brennstoffzellen-Heizungsanlagen gehören aufgrund ihres energetischen Umwandlungsprozesses von Brennstoff (Energieträger) zu Nutzwärme und elektrischem Strom ebenfalls zu den KWK-Anlagen. Dennoch ist eine Anwendung der HKVO empfehlenswert, um die Kosten transparent zu verteilen und die Bewohner für einen bewussten Umgang mit Energie zu sensibilisieren.

Da die Brennstoffzelle laut Definition zu den KWK-Anlagen gehört, gilt zur Ermittlung der umlagefähigen Wärmeerzeugungskosten die Richtlinie VDI 2077 Blatt 3.1 als Basisdokument. Aufgrund der parallel erzeugten Energieformen Wärme und Elektrizität dürfen nicht alle Kosten nach HKVO umgelegt werden. Grundlage hierzu ist die Ermittlung des abrechnungsrelevanten Brennstoffanteils sowie die dazugehörigen umlagefähigen Kosten. Methoden zur richtigen verbrauchsbasierten Abrechnung bzw. Umlage sind in der VDI 2077 Blatt 3.1 definiert. Ausgenommen sind Contracting-Anlagen, für sie gelten die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV).

2.2 Messtechnische Ausrüstung

2.2.1 Erfassung des Brennstoffverbrauchs

Die in der Hausenergieversorgung am gängigsten eingesetzten Brennstoffzellen-Arten (PEMFC und SOFC Erklärung unter Abschnitt 1.1) arbeiten vorwiegend mit häuslich verfügbarem Erdgas als Brennstoffenergiequelle. Der technische und wirtschaftliche Aufwand zur korrekten messtechnischen Ausstattung für die Ermittlung des Brennstoffbedarfs ist davon abhängig, ob es sich um geprüfte oder nicht geprüfte KWK-Anlagen handelt. Ungeprüfte Anlagen erfordern die Installation von umfangreichen Messgeräten zur Anwendung des messtechnischen Berechnungsverfahrens, während bei geprüften Anlagen eine Grundausstattung ausreicht, um den Brennstoffverbrauch nach VDI 2077 Blatt 3.1 rechnerisch zu ermitteln.

Es finden sich momentan zum einen Brennstoffzellen-Einheiten mit integriertem Spitzenlastkessel als sogenannte Kompakteinheiten auf dem Markt, zum anderen Brennstoffzellen-Einheiten, die als Zusatzmodule (Beistelllösungen) in bereits existierende Heizungszentralen integrierbar sind. Bei Kompakteinheiten ist es ausreichend, aber auch abrechnungstechnisch notwendig, einen Gesamt-Brennstoffzähler vorzuschalten (z. B. Gaszähler). In der Verwendung einer nicht geprüften Brennstoffzellen-Anlage, die an einen separaten Spitzenlastkessel mit eigener Brennstoffanbindung angeschlossen wird, sind zwei Brennstoffzähler zur individuellen Brennstoffmengen-Erfassung von Brennstoffzelle und Spitzenlastkessel zur korrekten Verbrauchserfassung elementar (siehe Bild 4).

messtechnische Methode Brennstoffzellenanlage Bild 4

Bild 4: Die messtechnische Methode bei nicht geprüften Anlagen mit separatem Spitzenlastkessel muss nach VDI 2077 Blatt 3.1 wie folgt angewendet werden. Hierzu ist die Menge des zugeführten Brennstoffs, wie aus den beiden Schaubildern ersichtlich, für die Brennstoffzellen-Einheit und des Zusatz-Spitzenlastgeräts mithilfe von geeichten Brennstoffzählern zu erfassen. (Quelle: Minol Messtechnik, gemäß VDI 2077 Blatt 3.1)

2.2.2 Messung der erzeugten abgehenden elektrischen Energie und der Abwärme

Die Brennstoffzellen-Anlagen in der Heizungstechnik weisen ein sehr gutes Teillastverhalten auf. Dies bedeutet, dass diese auch schon in unteren Leistungsabgabe-Niveaus einen hohen Wirkungsgrad aufweisen und somit sehr energieeffizient arbeiten. Aus diesem Grund sind die meisten aktuellen Brennstoffzellen-Anlagen modular aufgebaut und daher ist der Wirkungsgrad nahezu unabhängig von der Anlagengröße. Wie der abrechnungsrelevante Brennstoffanteil nach VDI 2077 Blatt 3.1 zu ermitteln ist, hängt davon ab, ob die KWK-Anlage geprüft oder ungeprüft ist. Geprüft sind Anlagen, für die ein Prüfprotokoll mit Angaben zum thermischen und elektrischen Wirkungsgrad vorliegt. Dies wird von unabhängigen Prüfinstituten ausgestellt. Für geprüfte KWK-Anlagen ist ein geringerer messtechnischer Aufwand erforderlich als für ungeprüfte Anlagen, da die Wirkungsgrade aus dem Prüfprotokoll für die Berechnung genutzt werden können:

  • Bei geprüften KWK-Anlagen, die modulierend, also mit variabler thermischer Leistung arbeiten, ist ein Betriebsstundenzähler notwendig (siehe Bild 5). Geprüfte Anlagen, die nicht modulierend arbeiten, benötigen dagegen keinen zusätzlichen Betriebsstundenzähler (siehe Bild 6). Ein festinstallierter Stromzähler, der einen Messwert des von der KWK-Einheit erzeugten Stroms erfasst, wird zur Abrechnung benötigt. Bei Kompakteinheiten einer Brennstoffzellen-Heizungsanlage ist dieser in der Regel integriert. Die Stromzähler müssen geeicht sein, um bei einer möglichen Einspeisung der selbsterzeugten elektrischen Energie ins öffentliche Stromnetz oder bei Selbstnutzung die anfallenden staatlichen Vergütungen pro kWh zu erhalten. Zudem sollte der Bezugszähler durch einen Zweirichtungszähler ausgetauscht werden, der in der Lage ist, die abgehenden Energiemengen (Selbstbezug des Objekts und Überschusseinspeisung ins Netz) differenzieren zu können. Weiter lässt sich bei leistungsmodulierenden Anlagen die zur korrekten Abrechnung notwendige Betriebsstunden-Anzahl in der Regel systemseitig abrufen. Mithilfe der mittleren elektrischen Leistung, die sich aus dem erzeugten Strom und den jährlichen Betriebsstunden errechnen lässt, und den Kennlinien einer modulierenden KWK-Anlage können die mittleren Wirkungsgrade ermittelt werden, welche zur Berechnung des abrechnungsrelevanten Brennstoffanteils verwendet werden. Um nicht mit ermittelten Wirkungsgraden zu rechnen, sondern nach den tatsächlichen Betriebsbedingungen der Anlage, empfiehlt Minol für KWK-Anlagen die messtechnische Methode.
  • Bei nicht geprüften KWK-Anlagen ist eine vollständige messtechnische Ausrüstung der einzige Weg zur korrekten Verbrauchserfassung. Daher muss in solchen Fällen zusätzlich zum meist vorhandenen Stromzähler, der die abgehende elektrische Energie erfasst, auch ein Wärmezähler nach der Brennstoffzellen-Einheit installiert werden, der die abgehende Nutzwärme erfassen kann (siehe Bild 7). Beim Einsatz von geprüften Anlagen greift zwar aufgrund der Messausstattungs-Ersparnis die rechnerische Methode. Eine umfängliche messtechnische Ausstattung ist jedoch immer zu bevorzugen, weil sie die Abrechnung transparenter macht. Zudem können die in der Praxis vorkommenden betriebstechnischen Anlagenfehler lokalisiert und entdeckt werden.

  • Messtechnische Ausstattung Brennstoffzellenanlagen Bild 5

    Bild 5: Messtechnische Ausstattung nach VDI 2077 Blatt 3.1 für geprüfte Anlagen, bei denen die rechnerische Methode greift und die zudem modulierend arbeiten. Neben dem nachgeschalteten Stromzähler und dem vorgeschalteten Brennstoff-Gesamtzähler ist ein Betriebsstunden-Zähler zwingend erforderlich. (Quelle: Minol Messtechnik, gemäß VDI 2077 Blatt 3.1)

  • Mindestmessausstattung KWK Anlagen Bild 6

    Bild 6: Folgende Mindestmessausstattung ist laut VDI 2077 Blatt 3.1 bei geprüften nicht modulierenden KWK-Anlagen mit integriertem und separatem Spitzenlastgerät einzuhalten. Der nachgeschaltete Stromzähler der KWK-Anlage und der vorgeschaltete Brennstoff-Gesamtzähler erfassen die notwendigen Energieanteile, um die rechnerische Methode nach VDI 2077 Blatt 3.1, unter der Berücksichtigung der geprüften Strom- und Wärmewirkungsgrade, anzuwenden. (Quelle: Minol Messtechnik, gemäß VDI 2077 Blatt 3.1)

  • Messtechnische Methode Brennstoffzellenheizung KWK Bild 7

    Bild 7: Die messtechnische Methode muss nach VDI 2077 Blatt 3.1 bei nicht geprüften Anlagen (d. h. ohne herstellerunabhängiges Prüfprotokoll) angewendet werden. Zur korrekten Anwendung dieser Richtlinie ist folgende Mindestausstattung bei einer KWK-Einheit mit integriertem Spitzenlastgerät unbedingt einzuhalten. (Quelle: Minol Messtechnik, gemäß VDI 2077 Blatt 3.1)

    2.3 Wartungskosten und deren Umlagefähigkeit

    Funktioniert die Aufbereitung des Erdgases innerhalb des vorgeschalteten Reformers wartungsfrei, halten sich die notwendigen Wartungsarbeiten bei Brennstoffzellen-Heizungen in Grenzen, sodass von Wartungsintervallen von zwei Jahren ausgegangen werden kann. Das entspricht dem Wartungsintervall einer konventionellen Brennwerttherme. Die Wartung der Brennstoffzelle unterscheidet sich von herkömmlichen fossilen Heizanlagen. Aufgrund des Aufbaus und der dargestellten Technik (1. Abschnitt) empfehlen einige Hersteller den Abschluss eines Wartungsvertrages auch im Hinblick zur Sicherung der Leistungsabgabe, da diese sich mit zunehmender Lebensdauer von elektrischer in die thermische Richtung verschieben kann. Die Wartungskosten einer Brennstoffzellen-Heizungsanlage sind Betriebskosten, die den umlegbaren Nebenkosten zugeordnet werden. Demnach sind Kosten der verbrauchten Brennstoffe und ihrer Lieferung, Betriebsstrom, Bedienungsaufwand, Überwachung und Wartung der Heizanlage, regelmäßige Prüfung ihrer Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit, Reinigung und Immissionsschutzmessungen (CO2-Ausstoß) auf die Nutzer umlegbar.

    2.4 Bestimmung der umlagefähigen Kosten nach VDI 2077 Blatt 3.1

    Welche Kosten in welcher Höhe in Bezug auf Brennstoffzellen-Heizungsanlagen auf die Nutzer umgelegt werden können, geht aus der VDI 2077 Blatt 3.1 hervor. Da Brennstoffzellen-Heizungsanlagen sowohl thermische Energie für Heizung und Warmwasser als auch elektrische Energie (Strom) bereitstellen, muss klar definiert sein, wie der umlagefähige Anteil ermittelt wird. Die VDI-Richtlinie 2077 Blatt 3.1 beschreibt messtechnische als auch rechnerische Methoden, um von den gesamten Erzeugungskosten die Anteile für Strom und Wärme zu differenzieren. Die umlagefähigen Kosten einer KWK-Anlage setzen sich in Anbetracht dieser Verordnung aus den Betriebskosten der Anlage und dem Umlagefaktor zusammen.

    Die auf die Eigentümer/Mieter umlagefähigen Kosten sind dabei in die drei folgenden Blöcke einzuteilen:

    • Kosten des abrechnungsrelevanten Brennstoffverbrauchs
    • Weitere Betriebskosten der KWK-Einheit
    • Weitere Betriebskosten des Zusatzheizgeräts

    Im Vorfeld muss eruiert werden, ob die Anlage an einen separaten zusätzlichen Spitzenlastkessel angeschlossen wurde oder ob dieser bereits in einer Kompakt-Einheit integriert ist. Die zusätzlichen Aufwendungen bei Betrieb eines separaten Spitzenlastkessels kommen als zusätzlicher Kostenpunkt bei der Bestimmung der gesamten umlagefähigen Kosten hinzu. Die Betriebskosten einer KWK-Einheit werden mit einem Umlagefaktor versehen. Diese setzen sich aus der Wartung der Heizungsanlage sowie der Stromgenerierung zusammen. Sie werden mittels Umlagefaktor korrigiert, da die Wartung für den Anteil der Stromgenerierung nicht zu den umlagefähigen Betriebskosten eingerechnet werden darf. Der Umlagefaktor definiert also, wie hoch der Anteil der umlagefähigen Betriebskosten einer KWK-Einheit ist.

    Autoren

    Philip Schano, B.Eng

    Seit 10/2016 Projektingenieur bei Minol Messtechnik, aktuell: Technischer Planer und Berater im Kompetenzcenter Technik, Minol Messtechnik W. Lehmann GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen

    Matthias Spies, M.Eng.

    Seit 09/2011 Projektingenieur bei Minol Messtechnik, aktuell: Technischer Planer und Berater im Kompetenzcenter Technik, Minol Messtechnik W. Lehmann GmbH & Co. KG, Leinfelden-Echterdingen

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