In ihrer Studie „Wärmewende 2030“ sagt die Initiative Agora Energiewende der Wärmepumpe eine zentrale Rolle bei den künftigen Wärmeerzeugern voraus. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hält den von der Agora geforderten Bestand von sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030 allerdings für völlig unrealistisch.
Strategie für über fünf Millionen Ölheizungen fehlt
Laut der Studie „Wärmewende 2030“ der Initiative Agora Energiewende spielen Wärmepumpen eine zentrale Rolle bei den künftigen Wärmeerzeugern, da sie mit ihrer hohen Effizienz sehr gut für die Direktnutzung von Strom und damit als Technologie für die Sektorkopplung geeignet seien, soweit ihr Einsatz unter passenden Bedingungen erfolge. Damit sie hocheffizient arbeiten, benötigen Wärmepumpen einen niedrigen Wärmebedarf, es müsse also eine energetisch gute Gebäudehülle vorhanden sein. Diese Auffassung teilt der BDH im Grundsatz und bewertet den starken Trend zu Wärmepumpen positiv.
Allerdings gibt der BDH zu bedenken, dass Wärmepumpen heute noch keine fünf Prozent Anteil am Bestand der insgesamt 20 Millionen Wärmeerzeuger in Deutschland hätten. Ihr Marktvolumen lag 2016 bei rund 70.000 Stück, die zum größten Teil in den Neubau gingen. Der von Agora geforderte Bestand von sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030 wird vor diesem Hintergrund laut BDH realistischerweise kaum erreicht werden können. Agora selbst spreche daher auch von einer „Wärmepumpenlücke“, ließe aber offen, wie diese zu schließen sei.
Darüber hinaus sind laut BDH in Deutschland immer noch weit über fünf Millionen Ölheizungen installiert. Was mit ihnen geschehen soll, lasse Agora ebenfalls offen. In der Studie werde lediglich angemerkt, dass Öl in 2030 kaum noch eine Rolle spiele. Betreiber von Ölheizungen, insbesondere solche, die über ältere Gebäude ohne Gasanschluss verfügten, blieben allerdings ohne eine konkrete Empfehlung, wie sie zur Wärmewende 2030 beitragen sollen.
BDH warnt vor Wärmelieferungskartellen
Hinsichtlich der Forderung einer Verdopplung der Versorgung über Wärmenetze warnt der BDH vor Anschluss- und Benutzungszwängen, Wärmelieferungskartellen und Wettbewerbsverzerrungen im Wärmemarkt. Stattdessen solle das Spektrum innovativer Technik in ganzer Breite genutzt werden, das die Heizungsbranche schon heute biete, um die Herausforderungen der Wärmewende zu meistern.
"Schade, dass Agora sich auf ein einziges Szenario beschränkt und auch jede Kostenbetrachtung unterlässt", sagt Manfred Greis, Präsident des BDH.
Davon abgesehen werde an keiner Stelle auf das Potenzial innovativer Technologien zur Kraft-Wärme-Kopplung wie Brennstoffzellenheizungen oder der Digitalisierung des Wärmemarktes eingegangen.
Sanierungsraten müssen erhöht werden
Nach Einschätzung des BDH erliegt Agora der Versuchung, einen bestimmten Weg, den man selbst für kaum gangbar halte, vorzugeben. Damit sei die Agora-Studie zwar geeignet, die seit Jahren geführte Technologiedebatte fortzuschreiben und den zu Recht beklagten Attentismus des Marktes weiter zu verlängern. Die wichtigste Aufgabe aller Akteure wäre aber, so schnell wie möglich die Sanierungsraten entscheidend zu erhöhen.
"Anstelle von ideologisch motivierten Technologiegeboten oder -verboten brauchen wir klare und wirtschaftlich umsetzbare Empfehlungen für die Anlagenbetreiber bezogen auf deren individuelle Situation sowie attraktive Anreize, vorhandenes privates Kapital in die energetische Gebäudesanierung zu investieren. Die Politik sollte endlich die längst überfällige Steuerabschreibung im selbst genutzten Wohneigentum auf den Weg bringen. Die deutsche Heizungsindustrie hält die technischen Lösungen bereit", so Greis.
Energieträger Gas bleibt wichtiger Baustein
Positiv an der Studie bewertet der BDH, dass im Unterschied zu früheren Betrachtungen der Energieträger Gas im Szenario sowie die vorhandene Infrastruktur des deutschen Gasnetzes auch in 2030 noch eine tragende Rolle spiele. Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer BDH: "Hier zeigt sich eine bemerkenswerte Lernkurve der Agora, die bislang einen all-electric-Ansatz verfolgte. Agora nähert sich damit der BDH-Strategie einer breit gefächerten, technologieoffenen Lösung an, die neben dem wachsenden Anteil von Strom auf Sicht auch noch gasförmige sowie liquide Brennstoffe umfasst, die über Power-to-X-Konzepte ebenfalls mehr und mehr erneuerbare Anteile erhalten." (fei)