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HRI erforscht energieeffiziente Belüftung von multifunktionalen OPs

Um steigenden Anforderungen an eine universelle Nutzung von Operationsräumen gerecht zu werden und dennoch höchste Schutzwirkungen zu gewährleisten, wird am Hermann-Rietschel-Institut (HRI) der TU-Berlin seit März 2017 ein dreijähriges Forschungsprojekt zur energieeffizienten Belüftung von multifunktionalen OPs durchgeführt.

Reale OP-Verhältnisse am HRI nachgebildet

Zur Durchführung der experimentellen Untersuchungen wird am HRI ein modularer Forschungs-OP mit moderner OP-Ausstattung und Strömungs- sowie Partikel- und Kontaminationsmesstechnik errichtet. Die realen Verhältnisse in Operationsräumen können damit detailgetreu nachgebildet werden. Die Kombination aus variabel einstellbarer Strömungsform, realen Einbauten und messtechnischer Ausstattung bietet Möglichkeiten zur Untersuchung der Kontaminationsmechanismen und Schutzwirkung.

Das Ziel des Vorhabens besteht in der Entwicklung von integralen Schutzkonzepten in Operationsräumen. Dabei werden systematische Erregerpotentiale für luftgetragene Keime, deren Emissions- und Ausbreitungscharakteristika und Wege des Keimeintrags in die Raumluft des OPs untersucht. Ausgehend von dieser Gefährdungsanalyse werden geeignete lüftungstechnische Schutzkonzepte mit größtmöglicher Schutzwirkung (minimales Risiko für das Auftreten von postoperativen Wundinfektionen und verbesserter Arbeitsschutz für das operierende Personal) bei geringerem Energiebedarf entwickelt.

Durch optimierte Luftführungssysteme sind stark verringerte Luftmengen in OP-Räumen bei gleichzeitig gesteigerter Schutzwirkung möglich. Eine Reduktion der Luftmenge auf 1/3 scheint dabei möglich. Bei einer Gesamtzahl von 4.800 OPs in Deutschland resultiert daraus eine theoretische Energieeinsparung von 84 GWh/a allein an elektrischer Energie für die Luftförderung.

Hintergrund

In Operationsräumen der höchsten Reinheitsanforderung (Raumklasse Typ 1a) ist laut DIN 1946 T.4 zur Belüftung ein TAV-Deckenfeld von rund 10 m² und ca. 100-fachem Luftwechsel (ca. 11.000 m³/h) vorgeschrieben. Trotz des hohen energetischen Aufwands von rund 30 MWh/a pro OP allein zur Luftbeförderung und Luftkonditionierung sind diese OP-Decken mit TAV nicht in der Lage, im Realbetrieb bei Operationen die Schutzwirkung am OP-Tisch sicherzustellen. Die technische Ausstattung der OPs, z.B. Lampen, Deckenversorgungseinheiten (DVE), das OP-Personal und die Nutzung von Medizingeräten sowie von bildgebenden Verfahren in modernen OPs, z.B. mobile C-Bögen, stellen Störgrößen für die Raumluftströmung dar.

Durch diese Vielzahl geometrischer und thermischer Störkörper bricht die Schutzwirkung der Verdrängungsströmung im Wundbereich über dem OP-Tisch zusammen (siehe beispielhaft Abbildung). Die Gefahr von Wundkontaminationen kann sich dadurch erhöhen. Jährlich werden in Deutschland rund 16,2 Millionen Operationen durchgeführt, bei denen in etwa 225.000 Fällen postoperative Wundinfektionen auftreten (1,9 Prozent). Neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Patienten verursacht der erhöhte Behandlungsaufwand jährliche Zusatzkosten von rund 3 Milliarden Euro für das Gesundheitswesen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Vorhaben mit einer Summe von etwa 800.000 Euro. Begleitet wird das Projekt durch das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zusätzlich unterstützen Unternehmen aus dem Bereich der Medizin- und Lüftungstechnik das Projekt. (fei)

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