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getAir, Wohnraumlüftung

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Die Wärmerückgewinnungsgrade dezentraler Lüftungssysteme sind in der Regel geringer als bei zentralen Systemen. Welche technischen Entwicklungen sind hier noch zu erwarten?

Die Unterschiede sind heutzutage gering, zumal die bei zentralen Systemen hohen Wirkungsgrade zu einem häufigeren Einsatz des Vorheizregisters im Winter führen. Je höher der Wirkungsgrad zentraler Systeme, desto höher der Feuchtigkeitsanfall durch Kondensation im Wärmeübertrager. Das Vorheizregister soll ein Einfrieren und damit ein mögliches Platzen des Wärmeübertragers bei geringen Außentemperaturen verhindern. Es hat jedoch einen extrem hohen Stromverbrauch, welcher energetisch bisher kaum berücksichtigt wurde. Bauartbedingt können Pendelsysteme mit einem regenerativen Wärmeübertrager bei Temperaturen bis zu -15 °C nicht zufrieren.
Zukünftig wird der Wirkungsgrad, meiner Meinung nach, nur noch um 1 – 2 Prozentpunkte steigen. Dann geht es vorrangig um die automatische Regelung sowie die Einbindung der Systeme in eine Smart-Home-Umgebung.

Neben den lüftungstechnischen Aspekten spielen auch die Aspekte der thermischen Behaglichkeit eine große Rolle im Gebäudebereich. Durch dezentrale Lüftungsgeräte liegen hier oftmals suboptimale Verhältnisse vor. Welche Fortschritte gibt es auf diesem Gebiet?

Die dezentralen Systeme haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Wir waren immer darauf bedacht, das Beste für den Kunden aus diesem System herauszuholen. So muss ich Ihnen nach heutigem Standard der dezentralen Technik eher wiedersprechen. Durch das dezentrale Prinzip der Querlüftung und den verhältnismäßig geringen Volumenströmen vermeiden wir Zugerscheinungen im Raum. Es entsteht lediglich ein leichter Zug direkt am Luftein- und -auslass. Zusätzlich empfehlen wir für eine optimale Durchströmung der Wohneinheit, dass die Systeme 30 – 50 cm unterhalb der Decke angebracht werden, um so den Coandă-Effekt zu nutzen.

Die Luft fällt nicht sofort nach unten, sondern strömt zunächst weit in den Raum hinein, bevor diese dann vor allem aufgrund thermischer Effekte langsam nach unten sinkt. Seit diesem Jahr lassen sich alle getAir-Systeme aus der SmartFan-Serie mit einem Sensor aufrüsten, der sowohl die Feuchte, als auch die Temperatur von innen und außen misst und die Volumenströme sowie den Lüftungsmodus dementsprechend anpasst. Ist es beispielsweise im Haus zu trocken und außen feuchter, wird der Volumenstrom erhöht. Zusätzlich lassen sich die Wohnräume über die Steuerung in Zonen unterteilen, so kann jede Zone, wie Wohnzimmer oder Schlafzimmer, zur gleichen Zeit bedarfsgerecht belüftet werden.

In Skandinavien geht die Lüftungstechnik den Weg der „Personal Ventilation“. Sehen Sie derartige Ansätze auch für den zentraleuropäischen Markt?

„Personal Ventilation“ sehe ich persönlich nicht im Bereich der Wohnungslüftung, da es sich bei dieser Art um eine stetig andauernde direkte Belüftung in einem kleinen Aufenthaltsbereich handelt. In der Wohnung kommt diese Art des Aufenthalts so gut wie nicht vor. Bei der Wohnraumlüftung geht es darum, einen regelmäßigen Luftaustausch mit möglichst geringem Energieaufwand zu leisten, um Feuchte, Gerüche und andere belastende Stoffe abzutragen.
Das Einsatzgebiet der „Personal Ventilation“ beinhaltet vorrangig Büros oder öffentliche Bildungseinrichtungen sowie Krankenhäuser. In Spezialfällen wäre eine Integration des Systems in ein bestehendes Lüftungssystem denkbar, wenn man von zu Hause arbeitet und eine besonders hohe Anforderung an eine direkte Frischluftzufuhr stellt.

Hinsichtlich der Regelungstechnik von Lüftungssystemen werden derzeit in der Fachwelt instationäre Betriebsweisen diskutiert, die vom Nutzer vorteilhaft eingeschätzt werden und zu Energieeinsparungen führen. Können dezentrale Lüftungsgeräte dies in ähnlicher Weise realisieren oder gibt es hier technische Grenzen?

Alle Pendelsysteme basieren auf der instationären Betriebsweise. Die Luft wird durch den reversierbaren Axialventilator im Wechselbetrieb gefördert. Durch die geringere Fördermenge und die instationäre Betriebsweise wird, wie bereits erwähnt, eine Quelllüftung erzeugt. Durch die geringe Leistungsaufnahme von durchschnittlich nur 2,6 Watt arbeiten unsere Systeme dabei äußerst energiesparend.

Welche negativen Aspekte der Wohnungslüftung durch technische Anlagen sind Ihnen bekannt und welche Lösungen bieten sich an?

Unserer Erfahrung nach müssen Wohnungslüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung bezahlbar, einfach und flexibel sein. Leider erfüllen bisher weitverbreitete, zentrale Systeme diese Anforderungen nicht ausreichend. Im Vergleich zu dezentralen Systemen sind sie wesentlich aufwendiger zu planen und zu installieren. Ihre Luftleitungen können nicht in vollem Maße oder nur sehr kostenaufwendig hygienisch gereinigt werden. Eine Lösung bieten kompakte, dezentrale Pendellüfter-Systeme im paarweisen Betrieb. Sie können – bei einem sehr geringen Rohrdurchmesser – mit einer einfachen Kernbohrung durch die Außenwand installiert werden. Die Komponenten werden nacheinander eingeschoben, fertig. Sie benötigen keine aufwendige Verrohrung oder viel Platz für die Lüftungsanlage bei kleineren Wohneinheiten. Die Endnutzer können sie über den Innenraum völlig eigenständig und werkzeuglos reinigen. Die dezentralen Systeme sind somit unserer Erfahrung nach in ihren Anschaffungs- und Folgekosten unschlagbar.

Wie schätzen Sie die künftigen Entwicklungen auf dem Gebiet der kontrollierten Wohnungslüftung ein?

Es zeigt sich eine wachsende Tendenz hin zu kleineren Wohnungen, wie Single-Apartments, mit Wohnflächen meist unter 60 Quadratmetern. Deshalb führt insbesondere in der energetischen Sanierung im Bestand heute kein Weg mehr an den dezentralen Kompaktlüftern vorbei. Ihre flexiblen Einbaumöglichkeiten und der einfache Systemaufbau sowie die schnelle Installation sind entscheidende Überzeugungsträger.  Die Marktzahlen bestätigen diese Entwicklung. Insgesamt verzeichnet der Markt für kontrollierte Wohnungslüftung ein durchschnittliches Wachstum im oberen einstelligen Bereich. Dafür sind primär die dezentralen Systeme verantwortlich, die seit Jahren zweistellig wachsen, während bei den zentralen Anlagen mit Wärmerückgewinnung eine gewisse Marktsättigung erreicht zu sein scheint.

VIelen Dank für das Interview. (fei)

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