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Fachbeitrag: Gebäude im digitalen Wandel

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5. Schritt für Schritt zum Internet der Dinge

Durch digital erfasste Gebäudedaten können Betreiber die technischen Anlagen in Echtzeit überwachen und entsprechend schnell nötige Arbeiten umsetzen. Gleichzeitig können sie den Mietern Services anbieten, mit denen sie beispielsweise beim Energieverbrauch Kosten einsparen oder die das selbstständige Wohnen im Alter unterstützen. Hinzu kommen intelligente Systeme, die den individuellen Komfort in den Wohnungen verbessern.

5.1 Digitale Basisfunktionen

Sowohl bei Sanierungsprojekten als auch im Neubau schaffen immer mehr Unternehmen der Wohnungswirtschaft bereits heute die Grundlage für digitale Funktionen in ihren Gebäuden. Da jede Automatisierung über digitalen Datenaustausch läuft, steht am Anfang der Internetanschluss – zunehmend auch in den allgemein genutzten Bereichen. Dadurch können beispielsweise Funksensoren nötige Wartungs­- und Reparaturarbeiten an den Aufzügen, der Heizungs-­ und Klimaanlage oder anderen technischen Anlagen melden. Auch digitale Türzugänge oder Klingeldisplays sind möglich. Die Sensordaten überträgt ein IoT­-Gateway via Internet an das System des Dienstleisters. Dieser kann das Gebäude dadurch deutlich serviceorientierter, effizienter und energiesparender betreiben.

Bei Smart­-Home-­Angeboten in den Wohnungen steht vor allem die Nutzerakzeptanz im Vordergrund. Zwar ist heutzutage technisch im Smart Home sehr viel möglich. Der Bewohner soll sich jedoch nicht von der Technik bevormundet fühlen, sondern Funktionen versteckt vorfinden beziehungsweise zusätzlich bewusst auswählen können, die seinem individuellen Bedarf entsprechen. Mit einer Basisausstattung lassen sich die technischen Voraussetzungen für eine intelligente Steuerung schaffen. Dazu zählt neben dem Internetanschluss vor allem die Jalousiesteuerung. Damit kann der Bewohner alle Rollläden in der Wohnung mit einem Tastendruck hoch­ und runterfahren. Gleichzeitig melden Fensterkontakte, ob ein Fenster offen ist. Ein weiteres Beispiel mit klarem Anwendernutzen ist ein zentraler Alles­-ein/Alles-­aus­-Taster, mit dem sich elektronische Geräte, Licht etc. beim Verlassen der Wohnung aus­ beziehungsweise bei der Rückkehr wieder einschalten lassen.

5.2 Smart Home als Service

Damit ist bereits eine grundlegende Vernetzung vorhanden, die als Basis für weitere Smart-Home­-Funktionen dienen kann (siehe Bild 4). Der Wohnungsbetreiber kann hierbei seinen Mietern verschiedene Optionen wie eine Heizungssteuerung oder auch Multimedia via Sprachsteuerung vorschlagen. Über Testinstallationen kann er zudem die technische Ausstattung und verfügbare Systeme demonstrieren. Dadurch muss sich der Nutzer nicht selbst mit den verschiedenen Smart-­Home­-Angeboten auf dem Markt auseinandersetzen. Für die Wohnungswirtschaft ist es außerdem ein wichtiger Service, der ihre Objekte attraktiver und wertiger für den Mieter macht.

Gleichzeitig können Unternehmen durch smarte Technik ganz neue Geschäftsmodelle mittels automatisierter Dienstleistungen anbieten, zum Beispiel in Form einer Energieflatrate oder der Abrechnung nach Raumtemperaturniveau pro Quadratmeter beheizter Fläche [2]. Denkbar ist auch eine Art Contracting­-Modell. Hierbei stellt der Dienstleister die gewünschte Smart­-Home-Infrastruktur in unterschiedlichen Paketen bereit und refinanziert die Investition beispielsweise über die erzielten Energieeinsparungen. Der Bewohner profitiert von mehr Sicherheit und Komfort. Der Vermieter erhält ein nachhaltiges Gebäude ohne Mehrkosten.

Vernetzung Smart Home B4

Bild 4: Der Vernetzungsgrad und die Funktionen im Smart Home lassen sich dank Funktechnologien flexibel an sich verändernden Bedarf anpassen und erweitern. (Quelle: EnOcean GmbH)

5.3 Unsichtbare Helfer für längere Unabhängigkeit

Sicherheit und Komfort sind besonders bei Angeboten für das unterstützte Wohnen im Alter (Ambient Assisted Living) relevant. Bei dieser Form der Digitalisierung im Gebäude muss die Grundausstattung bereits wichtige Funktionen umfassen. Dazu gehören Bewegungssensoren in Räumen und Matratzen sowie Sturz- und Präsenzmelder oder flexibel positionierbare Notruf- und Bedienknöpfe. Die Sensoren liefern die notwendigen Informationen und werden so zu unabdingbaren Helfern im Alltag für ältere Menschen. Gleichzeitig lassen sich optional Vitaldaten und Sensoren einbinden, die Wohlbefinden und Aktivität erfassen. Diese erhöhen die Unabhängigkeit der Bewohner deutlich, da sie nur im konkreten Bedarfsfall unterstützen. Betreiber von seniorengerechten Wohnungen können die verschiedenen Smart-Home-Funktionalitäten als Teil eines Servicepakets in die Miete mit einbinden. Dadurch können ältere Menschen länger in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben, gleichzeitig sparen Versicherungen damit viel Geld.

5.4 Nutzung im Blick

Ein sehr hohes Interesse an Anwendungen eines digitalen Gebäudes gibt es derzeit in Bürokomplexen. Die Digitalisierung mithilfe von verteilten Sensoren und einer cloudbasierten Infrastruktur erlaubt Facility Managern, neue Dienstleistungen zu entwickeln und zu automatisieren. Dazu gehört das Raumnutzungsmanagement. Präsenzsensoren können jederzeit erfassen, wie viele Personen wie oft einen Besprechungsraum nutzen oder wann die Kantine besonders voll ist. Anhand der Nutzungsdaten lassen sich die Raumbelegung und damit der Einsatz kostenintensiver Ressourcen wie Heizung, Klima oder Licht optimieren.

Mithilfe von Sensordaten über Präsenzmelder, Türkontakte, Aktivitätsmesser bei elektronischen Geräten etc. lassen sich detaillierte Nutzungsmuster des Gebäudes, des Personals und des Inventars erstellen. Diese Muster liefern Echtzeitinformationen über den tatsächlichen Bedarf und ermöglichen entsprechende Maßnahmen für effizientere, energiesparende und situationsabhängige Services. Ein weiteres Beispiel dafür ist die nutzungsabhängige Wartung und Reinigung von Geräten und sanitären Anlagen in Bürogebäuden. Dabei liefern Sensoren die nötigen Daten, wie häufig die Toiletten benutzt werden oder ob der Vorrat in den Toilettenpapier-, Handtuch- und Seifenspendern zur Neige geht (siehe Bild 5) oder ob bei den Kaffeeautomaten Bohnen nachgefüllt werden müssen. Facility Manager können dadurch ihr Personal anhand des aktuellen Bedarfs organisieren und benötigtes Material immer rechtzeitig nachführen. Das bringt nicht nur deutlich niedrigere Kosten, sondern auch eine gesteigerte Nutzerzufriedenheit.

Vernetzung Sensoren Smart Home B5

Bild 5: Unauffällige Sensoren erfassen die Nutzung von Toilettenräumen. Anhand der Daten kann das Facility Management die Reinigung der Anlagen und das Nachfüllen der Spender bedarfsabhängig steuern. (Quelle: EnOcean GmbH)

5.5 Wohlfühlfaktor für den Mensch

Mehr Nutzerzufriedenheit schafft auch eine hohe Attraktivität für Firmen als Mieter einer Bürofläche. Eine Wohlfühlatmosphäre am Arbeitsplatz verbessert nachweislich die Produktivität und fördert die Mitarbeiterbindung. Integrierte Sensoren in Büromöbeln erlauben es, die Räume bedarfsgerecht, farbig und individuell zu gestalten und gleichzeitig mit beispielsweise moderner Multimedia sowie intelligenter Luftgüte-, Licht- und Heizungssteuerung auszustatten. Durch die versteckten Sensoren nimmt der Mitarbeiter nicht die IoT-Technik wahr, sondern vor allem den Wohlfühlfaktor.

Die Liste der optimierten Prozesse in einem digitalisierten Gebäude lässt sich beliebig fortsetzen. Beispielsweise mit Sensoren, die frühzeitig bei Wasserrohrbruch, Feuer oder Einbruch Alarm schlagen und so Versicherungsschäden in Millionenhöhe verhindern.

6. Modular auf Zukunft bauen

Längst entstehen Häuser und ganze Wohnkomplexe in modularer Bauweise in der Fabrik. Auf der Baustelle werden sie nach individuellem Nutzungsbedarf zusammengesetzt und lassen sich jederzeit mit zusätzlichen Modulen erweitern. Ähnlich verhält es sich mit den technischen Systemen. Flexible, vernetzte Technologien erfassen Millionen von Daten und werten diese für eine modulare und agile Gebäudenutzung in Echtzeit aus. Das ermöglicht automatisierte Dienstleistungsprozesse im Facility Management, höhere Energieeinsparungen und mehr individuelles Wohlbefinden der Nutzer – ganz im Sinne einer ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit.

Quellen

[1] The Economy of Things Extracting new value from the Internet of Things, IBM Institute for Business Value 2015.

[2] MPW Consulting: „MPW-Studie: EDL in der Wohnungswirtschaft“, 2017.

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