Das Nachrichtenportal für TGA-, HLK- und Sanitär-Experten
HS-Coburg-Michael-Schaub

Statt mit Emotionen und Vermutungen arbeitet Prof. Dr. Michael Schaub beim Thema Wärmepumpe mit Zahlen und Fakten – dabei räumt der Wissenschaftler der Hochschule Coburg mit allerlei Vorurteilen und Fehlinformationen auf.

Ein Viertel der Energie in Deutschland wird im Haushalt verbraucht – Gebäudetechnik spielt eine große Rolle. An der Fakultät Design der Hochschule Coburg werden Expert:innen im Bachelor-Studiengang „Bauingenieurwesen - Energieeffizientes Gebäudedesign“ ausgebildet. Hier forscht und lehrt Prof. Dr. Michael Schaub als Professor für energieeffiziente Gebäudetechnik. Aus einem Interview, das er vor einiger Zeit zum Thema gegeben hat, ist jetzt ein aktueller Podcast des Anbieters Lekker geworden, in dem Schaub die häufigsten und wichtigsten Fragen beantwortet. Hier eine Zusammenfassung:

1) Um eine Wärmepumpe zu betreiben, braucht es Strom – wie effizient und klimafreundlich ist das? 
„Wir können aus einer Kilowattstunde Strom drei bis vier Kilowattstunden nutzbare Wärme gewinnen – die Effizienz ist bei Wärmepumpen enorm“, sagt Schaub. „Drei Anteile Umweltwärme werden genau an dem Ort, an dem ich es brauche, und zu dem Zeitpunkt, zu dem ich es brauche, einkoppelt.“ Diese drei Anteile Energie müssen nicht transportiert und gespeichert werden, wodurch die Stromnetze weniger belastet werden. Auch hinsichtlich der CO2-Emmissionen ist die Wärmepumpe eindeutig eine Verbesserung: im Vergleich zur Öl- und Gasheizung um 40 bis 60 Prozent – und das bereits mit dem heutigen Strommix. „Die Wärmepumpen-Strategie, die in ganz Europa sehr stark forciert wird, ist nicht aus der Luft gegriffen. Es gibt zahlreiche Studien zur Transformation des Energiesystems.“ Verschiedenste Rahmenbedingungen wurden wissenschaftliche betrachtet: einzelne Bundesländer, ganz Deutschland oder Europa, mal ein Fokus auf betriebswirtschaftliche, mal auf volkswirtschaftliche Aspekte und auch unterschiedliche Szenarien wie der Elektropfad, der Wasserstoffpfad und der Biomassepfad wurden untersucht. „Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte sind die Ergebnisse im Kern relativ gleich“, erklärt Schaub. Die Studien sagen ziemlich einheitlich voraus, dass irgendetwas zwischen 60 und 80 Prozent der Wärme durch Wärmepumpen gedeckt werden wird. Der Rest durch Wärmenetze und sonstige Energieträger.

2) In der Diskussion wird oft auch gefordert, die Wärmewende technologieoffen anzugehen. Welche Alternativen gibt es zur Wärmepumpe? 
„Viel kommt nicht in Frage.“ Etwa zehn Prozent des Bedarfs werden derzeit durch Fernwärme gedeckt. Anders als heute sollte diese künftig aus erneuerbarer Energie gewonnen werden, aber ansonsten beurteilt Schaub Wärmenetze als sehr zweckmäßig – immer dort, wo es vor Ort möglich ist. Bei der erneuerbaren Wärme gibt es aktuell einen Spitzenreiter: Biomasse macht zwei Drittel aus. Aber das Potenzial ist begrenzt. Maximal etwa zehn Prozent des gesamten Wärmebedarfs könnten damit gedeckt werden. Und effizient wäre das auch nicht: „Wenn wir eine Fläche beispielsweise für Wind und Photovoltaik statt für Biomasse nutzen, erzielen wir etwa zehn Mal so viel Energie.“ Sinnvoller sei es, beispielsweise Holz (statt es zu verbrennen) als Baustoff zu nutzen und Biogas für Prozesse, die wirklich hohe Temperaturen erfordern oder beispielsweise für Kraftwärmekopplung. Den Einsatz von Wasserstoff sieht Schaub vor allem als Lösung für Prozesse, bei denen fossile Energien nicht anders ersetzt werden können – nicht fürs Heizen. Denn da lassen sich Öl und Gas sehr gut durch die Wärmepumpe ersetzen.

3) Bei gut isolierten Neubauten ist das nachvollziehbar - aber was ist mit Bestandsimmobilien? 
„Für Wärmepumpen in Bestandsgebäuden gab es in den vergangenen zwei Jahren eine enorme Entwicklung: Durch das natürliche Kältemittel Propan schaffen wir es, bei Minus zehn Grad Außentemperatur 70 Grad warmes Wasser zu liefern und dieses reicht aus für die allermeisten Bestandsgebäude – auch mit Heizkörpern. An ganz kalten Tagen ist die Wärmepumpe nicht besonders effizient. Aber solche Minustemperaturen kommen auch nicht so häufig vor.“ Zwei Drittel der Heizwärme werden bei Außentemperaturen von über Null Grad erzeugt. Im Jahresdurchschnitt liefert die Wärmepumpe damit auch im Bestandsgebäude sehr effiziente Werte. „Diese Technologien bringen Zeit. Wir können eine Wärmepumpe einbauen. Wir müssen nicht gleichzeitig sanieren. Das können wir im nächsten Schritt nachholen.“ 

4) Und wie soll das alles finanziert werden?
Es gehe nicht darum, auf einen Schlag alle Heizungen auszutauschen, wie der Professor betont. „Es geht nur darum, dass Geräte, die jetzt defekt sind, durch eine andere Technologie ersetzt werden. Da sind auch die Hersteller gefragt, beispielsweise durch Geräte, die sich einfach montieren lassen.“ Schaub erwartet auch, dass die Preise sinken, weil Hersteller weltweit gerade in das Thema investieren. Insbesondere bei der Technologie mit Propan für Bestandsgebäude ist Europa technologisch zur Zeit führend – volkswirtschaftlich ein Vorteil. Aber wie können Hausbesitzer:innen den Wandel zu einem effizienten Gebäude umsetzen und finanzieren? „Man muss einen Plan erstellen. Und man muss anfangen!“ Welche Maßnahmen wann erfolgen und auch wie sie finanziert werden, muss geplant werden. „Sinnvoll ist, erst einmal mit low hanging fruits zu starten, beispielsweise mit Dämmung der Kellerdecke oder der obersten Geschossdecke“, erklärt Schaub. Als nächstes Themen wie eine kontrollierte Wohnungslüftung einplanen – ein oft unterschätztes Problem: „Bis zu einem Drittel der Wärmeverluste im Bestandsgebäude werden durch das hygienisch notwendige Lüften verursacht.“ Zuletzt sollten die investitionsintensiveren Maßnahmen auf die Agenda. „Das muss individuell für jedes Gebäude differenziert werden: Sind die Fenster vielleicht sowieso demnächst fällig oder muss die Heizung ausgetauscht werden? Ist vielleicht ein Außenanstrich geplant, der sich mit einer Dämm-Maßnahme kombinieren lässt? „Das wichtigste ist, einen Plan zu erstellen und nach und nach umsetzten. Damit man nicht irgendwann alles auf einmal finanzieren muss.“

Quelle: Hochschule Coburg

0
0
0
s2smodern