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Aquifer-basierte Geothermie: Kühlen und Heizen mit Grundwasserspeichern

Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) analysieren energiesparende Alternativen zu Klimaanlagen. Eine davon ist das Speichern und spätere Wiederabrufen von Wärme und Kälte in unterirdischen wasserführenden Schichten – sogenannte Aquiferen.

Wärme- und Kälteversorgung

Die KIT-Wissenschaftler evaluieren die Effektivität einer der größten aquifer-gebundenen Geothermieanlagen in Europa und der einzigen dieser Art in Deutschland. Seit 2009 versorgt ein unterirdischer Aquiferspeicher das Hotel Kameha Grand und zwei Bürokomplexe am „Bonner Bogen“, einem neu entwickelten, gewerblich genutzten Areal am Rheinufer. "Die Anlage übernimmt bis zu 80 Prozent der Wärme- und Kälteversorgung der Gebäude mit einer Gesamtfläche von rund 60.000 Quadratmetern", berichtet Steffen Große von der verantwortlichen Betreibergesellschaft EcoVisio GmbH. Gegenüber einer konventionellen Energieversorgung spare diese Geothermieanlage jährlich rund 1.700 Megawattstunden Energie sowie 400 Tonnen CO2 ein.

"Die Anlage am Bonner Bogen ist für uns ein Glücksfall. Wir können hier auf einen Datenschatz von fast zehn Jahren zugreifen und zahlreiche Aspekte von der Energieeffizienz bis hin zur Gebäudetechnik betrachten", sagt Professor Philipp Blum vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. Steffen Große und seine Kollegen erhoffen sich von der wissenschaftlichen Analyse eine Optimierung des Systems: "Wir stellen fest, dass wir aufgrund des sich ändernden Klimas teilweise schon im März Räumlichkeiten kühlen statt heizen müssen. Da passt es gut, dass im Projekt GeoSpeicher.bw sowohl Geologen als auch Experten für Energie- und Gebäudetechnik zusammen mit uns erarbeiten, wie wir die Anlage auch in Zukunft – unter geänderten Randbedingungen – bestmöglich fahren können."

Energieversorgung durch Aquiferspeicher

"Bei Neubauten hat in Deutschland kaum jemand die vielseitigen Möglichkeiten der Energieversorgung durch Aquiferspeicher im Blick. In den Niederlanden ist das anders. Dort sind schon mehr als 2.800 dieser Anlagen erfolgreich in Betrieb", sagt Paul Fleuchaus, Doktorand am AGW. Aufgrund der großen Kapazität eignen sich Aquiferspeicher nach Einschätzung der Forscher aus wirtschaftlicher Sicht vor allem für große Gebäude, wie Museen, Krankenhäuser, Büros oder Hotels. Auch für zusammenhängend geplante Wohnsiedlungen kommen Aquiferspeicher in Kombination mit Nahwärmenetzen in Frage. In den Niederlanden wird die Technik zudem beispielsweise für industrielle Komplexe wie Gewächshäuser oder Rechenzentren genutzt. Die Berechnungen der Wissenschaftler zeigen: Ein „Return on Investment“ wird bei Aquiferspeichern oftmals schon nach zwei bis zehn Jahren erreicht.

Geothermie Aquiferspeicher 2 b

Kälte im Sommer und Wärme im Winter: Dafür sorgt bei einem Hotel und zwei Bürogebäuden am „Bonner Bogen“ ein unterirdischer Aquiferspeicher. (Foto: Paul Fleuchhaus/KIT).

Aquifer-basierte Geothermie

Zahlreiche Regionen in Deutschland und Europa, aber auch weltweit eignen sich aufgrund der geologischen Bodenverhältnisse für eine Aquifer-basierte Geothermie, betonen die Wissenschaftler des Projekts GeoSpeicher.bw. Die Experten des KIT, der Universitäten Heidelberg und Stuttgart sowie der Hochschulen Biberach und Offenburg untersuchen zudem die Möglichkeiten der Wärme- und Kältespeicherung mithilfe von Tunnelsystemen wie dem Rosensteintunnel in Stuttgart.

"Wir gehen davon aus, dass der Energiebedarf für Klimaanlagen bis zum Jahr 2100 um das 33-fache ansteigt. Der aktuelle Zusammenbruch des Elektrizitätsnetzes in Teilen von Kalifornien zeigt, dass das weder mit den bestehenden Netzen noch mit den herkömmlichen Energieträgern zu stemmen ist", so Paul Fleuchaus. Um Alternativen aufzuzeigen, werden die rein technischen Analysen im Projekt GeoSpeicher.bw von Studien zur öffentlichen Akzeptanz und der aktuellen Gesetzeslage begleitet. (fei)

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