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Energetische Standards treiben Baukosten massiv in die Höhe

Die wohnungswirtschaftlichen Verbände VNW, IVD Nord und BFW Nord haben gemeinsam die Ergebnisse des Gutachtens „Baukosten und Energieeffizienz“ präsentiert. Das Gutachten belegt, dass energetische Standards die Baukosten in die Höhe treiben.

Das Gutachten widerlegt damit die im September 2016 vorgelegte Studie der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie. Diese kam zum Ergebnis, dass die Energieeffizienzstandards die Baukosten nicht beeinflussen würden.

Stellungnahmen


VNW-Verbandsdirektor Andreas Breitner:

Um bezahlbare Wohnungen bauen zu können, müssen die Wohnungsunternehmen auch bezahlbar bauen können. Das Gutachten weist eindeutig nach, dass höhere energetische Standards die Baukosten nach oben treiben. Das ist für uns nicht neu, aber jetzt nochmal fundiert belegt worden. An den gesetzlichen Energieeffizienzstandards lässt sich nicht rütteln, aber sie dürfen nicht noch weiter verschärft werden – die Grenze des Wirtschaftlichen ist erreicht. Wir unterstützen den Klimaschutz, aber die Wohnungswirtschaft kann den Zielkonflikt zwischen hohen energetischen Gebäudestandards und bezahlbarem Wohnraum nicht alleine auflösen.


Sönke Struck, Vorsitzender des BFW Nord e.V.:

Wir bekennen uns zu unserer Vorreiterrolle beim Klimaschutz und werden auch künftig unseren Beitrag leisten. Wir dürfen aber bei aller Fokussierung auf den Klimaschutz den Mieter nicht vergessen. Wir werden die Energiewende nur schaffen, wenn Wohnen klimafreundlich und bezahlbar bleibt. Das Gutachten hat gezeigt, dass die kostensteigernden Effekte immer höherer Energieeffizienzstandards erheblich sind. Diese Entwicklung geht zwangsläufig zulasten des Mieters.


Axel-H. Wittlinger, Vorstandsvorsitzender IVD Nord:

Die Höhe der Baukosten für unterschiedliche Energieeffizienzstandards ist nicht nur beim Neubau von Gebäuden von Bedeutung, sondern auch für die Sanierung von Wohnungs- und Gebäudebeständen. So fallen bei einer Modernisierung auf den EnEV 2016-Standard Kosten von durchschnittlich 395 Euro/m² Wohnfläche an, das sind 26 Prozent mehr als bei einer herkömmlichen Modernisierung. Bei einer Modernisierung auf den KfW55-Standard werden die Kosten sogar mehr als verdoppelt. Zugleich zeigt sich, dass der Endenergieverbrauch bei höheren Energieeffizienzstandards deutlich unterproportional zu den gestiegenen Baukosten zurückgeht. Damit erhöht sich am Ende die Bruttowarmmiete erheblich.

Die fünf wichtigsten Ergebnisse der Studie

  • Der Energieeffizienzstandard eines Gebäudes hat einen (sehr) hohen Einfluss auf die Höhe der Baukosten und ist ein wesentlicher Einflussfaktor.
  • Anhand von Typengebäuden lässt sich der kostensteigernde Einfluss – unabhängig von anderen Faktoren – isoliert nachweisen.
  • Durch eine Kombination von Energieeffizienzmaßnahmen an der Gebäudehülle und der Anlagentechnik lassen sich die Baukosten je nach Situation des Einzelfalles optimieren.
  • Bei der vergleichenden Analyse unterschiedlicher abgerechneter Bauvorhaben ist - je nach methodischem Ansatz und projektindividuellen Faktoren (Gebäudefaktoren, Vergabe- und Bauprozess) – der kostensteigernde Einfluss des Energieeffizienzstandards statistisch nicht nachweisbar.
  • Bezahlbares Wohnen erfordert kostengünstigen Wohnungsbau und eine Kostensenkung und Optimierung bei allen Einflussfaktoren.

Hintergrund

Die Baukostensenkungskommission des Bundes hat bereits 2015 festgestellt, dass:

  • das „Kostenoptimale Niveau“ des gesetzlich geforderten energetischen Gebäudestandards aus volkwirtschaftlicher Sicht (gemäß Gebäudeeffizienzrichtlinie) unter gegenwärtigen Rahmenbedingungen als im Wesentlichen erreicht anzusehen ist.
  • sich die EnEV mit ihren gegenwärtigen Bilanzierungsparametern im Grenzbereich der Wirtschaftlichkeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht (Verschärfung wegen heute geänderten Energiepreis-, Zins- und Kosten-Randbedingungen) befindet.
  • eine zügige Weiterentwicklung der EnEV mit stärkerer Hinwendung zur Senkung des Endenergiebedarfs/(-verbrauchs), Ausrichtung am CO2-Senkungsziel, Einbeziehung von gesamten Quartieren (quartiersbezogene Bilanzierung) und strikter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 5 Abs. 1 EnEG) nötig ist.
  • die Technologieoffenheit der EnEV in der Praxis besser vermittelt und genutzt werden muss. (fei)



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