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„Wärmewende 2030“: Wie heizen wir in der Zukunft?

Damit der Gebäudesektor bis 2050 nahezu klimaneutral wird, braucht Deutschland eine Wärmewende. Wie groß der jeweilige Anteil der Schlüsseltechnologien ausfallen könnte, haben die Fraunhofer-Institute für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und für Bauphysik (IBP) im Auftrag der Initiative Agora Energiewende untersucht.

Für Heizöl ist kein Platz mehr

Ein Ergebnis der Studie „Wärmewende 2030“ zeigt, dass bis 2030 der Anteil von Erdgas zum Heizen ähnlich hoch bleibt wie heute. Für eine klimaschonende Wärmeversorgung ist es aber nötig, dass der Gebäudewärmeverbrauch durch Effizienzverbesserungen bundesweit um ein Viertel gegenüber heute sinkt. Die größten Verschiebungen ergeben sich bei

  • Heizöl,
  • Umweltwärme,
  • und Wärmenetzen.


Für Heizöl ist in einem klimaschonenden und kosteneffizienten Wärmesystem 2030 kaum Platz mehr. Wärmepumpen werden hingegen zur tragenden Säulen, sie müssen rund zwanzigmal mehr Wärme liefern als gegenwärtig. Bei der Versorgung über Wärmenetze, die sich aus einem Mix von Wärmequellen speisen, steht eine Verdoppelung an.

Zubau von Wärmepumpen deutlich zu gering

Die derzeitige Entwicklung bei der Gebäudewärme ist allerdings nicht so, dass ein solcher Wärmemix von alleine erreicht wird. Vor allem der Zubau der Wärmepumpen ist deutlich zu gering – nur zwei Millionen Wärmepumpen werden nach derzeitigem Stand bis 2030 installiert werden, nötig sind jedoch fünf bis sechs Millionen Stück. "Um dort hinzukommen, sollten Wärmepumpen künftig auch in Altbauten eingesetzt werden, zum Beispiel als Hybrid-Modelle in Kombination mit Gaskesseln, die an besonders kalten Tagen zusätzlich anspringen", sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Auch bei der Gebäudedämmung müsse mehr passieren, fordert Graichen. "Anstatt ein Prozent müssten künftig jährlich zwei Prozent des Gebäudebestands energetisch saniert werden. Bei den Wärmenetzen geht es darum, den Ausbau frühzeitig zu ermöglichen und den Anteil von Erneuerbarer-Energien-Wärme stetig zu erhöhen"."

Heizungstausch

Die Studie hat auch untersucht, welche Anforderungen die zusätzlichen Wärmepumpen an das Stromsystem stellen. Demnach ändert sich die jährliche Spitzenlast kaum, wenn die heutigen veralteten Nachtspeicherheizungen durch effiziente Heizungen ersetzen werden und die Wärmepumpen flexibel gesteuert werden. Um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, ist es allerdings nötig, dass der Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien schneller wächst als bislang geplant. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bereits 2030 mindestens 60 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren stammen müssen – bislang ist dieses Ziel für 2035 gesetzt.

Rolle der Wärmepumpen muss wachsen

Für eine klimafreundliche und kosteneffiziente Wärmeversorgung muss die Rolle der Wärmepumpen bis 2050 noch weiter wachsen. Etwa 10 bis 17 Millionen Wärmepumpen werden gebraucht, zeigt die Studie. Die Wärmepumpen werden dann unterstützt durch solarthermische Heizungen und Biomasse-Heizungen sowie zu einem kleinen Anteil auch durch Gas, das mit Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Fossile Energieträger können aufgrund ihres CO2-Ausstoßes im Jahr 2050 allenfalls noch in wenigen Ausnahmefällen genutzt werden.

"Deutschland wird seine Klimaschutzziele genau wie alle anderen Länder weltweit nur erreichen, wenn es langfristig auf Kohle, Öl und Erdgas verzichtet. Diese Erkenntnis ist weder neu noch kompliziert", betont Patrick Graichen. "Herausforderungen birgt allerdings der Weg dorthin, denn wir sprechen von einem schrittweisen Komplettumbau des Energiesystems. Mit unserer Studie zeigen wir, wie der Weg hin zu einer klimafreundlichen Gesellschaft und Industrie aussehen kann und wie die Weichenstellungen im Gebäudewärmesektor aussehen müssen." Es sei klar, dass dieser Prozess "viele Jahre, sogar Jahrzehnte" dauern werde, so Graichen weiter. "Er kann aber auch solange dauern, denn wir müssen nichts überstürzen."

Über die Studie „Wärmewende 2030“

Die Studie „Wärmewende 2030“ wurde von den Fraunhofer-Instituten für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) sowie für Bauphysik (IBP) mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), des Öko-Instituts und der Prognos AG im Auftrag von Agora Energiewende erstellt. Die Wissenschaftler haben dafür zahlreiche Szenarien entwickelt, in denen der Wärmeenergiebedarf für jede Stunde des Jahres modelliert und mit dem stündlichen Stromdargebot aus Erneuerbaren Energien abgeglichen wurde. Betrachtet wurden nur solche Szenarien, bei denen sowohl die Wärmeversorgung als auch die Stromversorgung durchgehend sichergestellt war. (fei)

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