Das Nachrichtenportal für TGA-, HLK- und Sanitär-Experten
Neues DGNB-Zertifizierungssystem: Mehr Innovation im Bauen!

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat ihr Zertifizierungssystem überarbeitet. Die neue Version belohnt gezielt denjenigen, der sich frühzeitig und ganzheitlich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt und mehr im Bereich Klimaschutz.

Planerische Freiheit und Belohnung innovativer Lösungen

Zu den wesentlichen Weiterentwicklungen des DGNB-Systems zählt die gezielte Förderung neuer, innovativer Lösungen. "Wenn eine Zertifizierung dazu beiträgt, an den richtigen Stellen Anreize zu setzen, kann es als Mittel zum Zweck viel bewegen", so Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. Entscheidend sei dabei, den Architekten und Planern die notwendig große Freiheit zu lassen und ihnen keinen starren Rahmen vorzugeben.

Im neuen DGNB System wurde dies in 18 der 37 Kriterien erstmalig über sogenannte Innovationsräume implementiert. Dabei können neuartige Lösungsansätze in gleicher Weise in der Zertifizierung berücksichtigt werden wie bestehende, sofern sie nachweislich zum selben oder besseren Ergebnis führen. In eine ähnliche Richtung zielen die neu eingeführten Boni, die in einer Vielzahl von Kriterien integriert wurden. Ob mit Bezug zu den Themen der Circular Economy oder den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen: Wer mit Blick auf die Ressourcen und den Klimaschutz sinnvoll mehr macht, für den gibt es 22-mal die Möglichkeit, Pluspunkte beim Zertifizierungsergebnis zu erzielen.

Ökobilanzierung

Auch innerhalb der Kriterien wurde der Mehrwert einer frühzeitigen, integralen Planung über eine höhere Gewichtung hervorgehoben – so etwa bei der Ökobilanzierung und der Lebenszykluskostenrechnung, den Kriterien mit dem größten Anteil an der Gesamtbewertung bei der DGNB. Hier wird belohnt, wer schon zu Beginn der Planung über Variantenrechnungen die für das Projekt geeigneten Entscheidungen trifft. "Uns ist wichtig, dass Dinge nicht nur gemacht oder dokumentiert werden, weil die DGNB es so vorschreibt. Es geht darum, über eine gute Planung eine ganzheitlich höhere Qualität für das individuelle Projekt zu erreichen", sagt Lemaitre.

Dazu gehöre auch der Blick über die Grenzen des Gebäudegrundstücks hinaus. Neben der Einbindung von Themen wie Lichtverschmutzung hat die DGNB auch die vier Kriterien der Standortqualität ganz neu in die Gesamtbewertung mit aufgenommen. Positiv bewertet wird zum Beispiel, wenn das Gebäude einen Beitrag für das Quartier leistet, etwa im Bereich der Energieversorgung, aber genauso wenn es die Gegebenheiten im Quartier auf geeignete Weise in der Gebäudeplanung selbst berücksichtigt.

Qualitätssicherung über alle Planungs- und Bauphasen hinweg

Bereits während der Planungs- und Bauphase müssen Maßnahmen getroffen werden, die sicherstellen, dass die geplante Qualität tatsächlich auch umgesetzt wird. Um dies zu fördern, hat die DGNB einige Stellschrauben im System optimiert und dabei insbesondere an den kritischen Schnittstellen entlang der Wertschöpfungskette beim Bauen angesetzt. So ist ab sofort beispielsweise eine Materialüberwachung auf der Baustelle obligatorisch, will man beim Thema Schad- und Risikostoffe die höchsten Bewertungskategorien erreichen. Zudem wird eine Einweisung der Bauleitung auf Basis der erstellten Anforderungslisten der zu verwendenden Bauprodukte neu gefordert.

Nachhaltigkeitspotenzial ausschöpfen

Auch die Anschlussfähigkeit an die Phase des Gebäudebetriebs hat die DGNB im System strukturell verankert. Mit der „FM-gerechten Planung" und der „Nutzerkommunikation" setzen zwei neue Kriterien genau hier an, damit das im Neubau angelegte Nachhaltigkeitspotenzial in der praktischen Nutzung auch tatsächlich ausgeschöpft wird. Überhaupt wurden die Themen der Prozessqualität, die maßgeblich dazu beitragen, die Gebäudequalität über alle Phasen hinweg zu gewährleisten, insgesamt aufgewertet.

Zudem geht die DGNB aus regulatorischer Sicht im neuen System noch vorausschauender mit dem Thema Zukunftssicherheit um. Dies betrifft Themen wie den Einsatz von Kältemitteln, bei dem heute schon klar ist, was in den kommenden Jahren rechtlich gefordert sein wird. Die DGNB-Zertifizierung trägt hier dazu bei, teure Umrüstungen und Sanierungsmaßnahmen präventiv vorzubeugen.

Responsible Sourcing und Sektorenkopplung

Mit dem neuen Zertifizierungssystem setzt die DGNB auch Schwerpunkte bei Themen, die über die unmittelbare Bauaufgabe hinausgehen. So zum Beispiel beim Thema Biodiversität oder mit dem Kriterium „Verantwortungsbewusste Ressourcengewinnung". Dieses betrachtet die gesamte Weiterschöpfungskette der eingesetzten Produkte und fordert die Einhaltung von anerkannten ökologischen und sozialen Standards bei der Rohstoffgewinnung und Verarbeitung. Wer hingegen recyclierte Werkstoffe einsetzt und damit dazu beiträgt, dass die Frage nach einem Responsible Sourcing überhaupt nicht gestellt werden muss, wird im gleichen Umfang bei der DGNB-Zertifizierung belohnt.

Auch der Beitrag eines Gebäudes zur Verkehrs- und Energiewende wird über das DGNB-System unterstützt. Anlagen, die ein bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen ermöglichen, werden genauso positiv bewertet wie die Einbindung von regenerativen Energien für die im Gebäude erforderlichen technischen Systeme. Bei der Frage nach der Gebäudetechnik fördert die DGNB eine Gebäudekonzeption mit einer bestmöglichen Nutzung passiver Systeme.

Gültig ist die neue Version des DGNB-Systems für neun verschiedene Nutzungstypen:

  • Büro- und Verwaltungsgebäude
  • Verbrauchermärkte
  • Shoppingcenter
  • Geschäftshäuser
  • Bildungsbauten
  • große Wohngebäude
  • Logistikimmobilien
  • Produktionsstätten
  • Hotels

In den kommenden Monaten arbeitet die DGNB daran, die weiteren Systemvarianten in der Zertifizierung an die Systematik der neuen Version anzupassen. Auch eine englischsprachige Fassung sowie ein Leitfaden zur Anwendung des DGNB-Systems bei internationalen Projekten werden im Laufe des Jahres folgen.
Die neue Version des DGNB-Systems kann kostenfrei als PDF auf der Website der DGNB angefordert werden. Zusätzlich hat die DGNB eine Hintergrundinformation veröffentlicht, in der die wichtigsten Änderungen der Version 2018 zusammengefasst werden. Diese ist ebenfalls online unter www.dgnb-system.de verfügbar. (fei)

Schlagwörter:
0
0
0
s2smodern