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Fachbeitrag: Ist der Rebound-Effekt unvermeidbar?

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5. Lösungsansätze

Heizenergieeinsparung durch immer aufwendigere und kostspieligere Dämmung ist also nur bedingt erfolgversprechend. In der Breite können simplere Lösungen zu besseren Resultaten führen. Dazu gehören:

  • die Vermeidung unbeabsichtigter Wärmeablüftung durch offene Fenster
  • die Vermeidung von Überwärmung durch weniger träge Beheizungssysteme
  • eine Wiedereinführung von „Hotspots“ (wie z.B. IR-­Strahler), um für die Bewohner ein Bio-Feedback herzustellen

Es wäre hilfreich für zukünftiges Energiemanagement, dem Bewohner die aktuellen und akkumulierten Energieabgabeverhältnisse zu visualisieren und mehr Kontrollautonomie an die Systemtechnik im Hintergrund zu delegieren (z. B. um unwillkürliche Ablüftung zu vermeiden).

Eine weiterführende Idee dazu ist, variabel programmierbare Schnittstellen der Mensch­Maschine­-Interaktion zu schaffen, die sowohl das Erfordernis der Energieeinsparung als auch die variablen Komfortbedürfnisse der Bewohner und ihre Steuerungswünsche berücksichtigen können. Ein solches hochvariables Konzept kann – allgemein im Rahmen der aufkommenden Wohnungsdigitalisierung – auf viele weitere Aktivitäten über das reine Energiemanagement hinaus ausgedehnt werden. Mögliche Synergien durch die bereichsübergreifende Kopplung mit modernisierter Wohnungsverwaltung und unterstütztem Wohnen durch medizinische und soziale Assistenzangebote (AAL) wären bewusst angestrebte Effekte, um auch den altersgerechten Umbau von Wohnlandschaften wirksam zu unterstützen.

Eine ausgedehntere praxisorientierte soziologische Untersuchung der hier behandelten Wohnumgebungen ist Gegenstand einer aktuell laufenden interdisziplinären Folgestudie. Neben dem energetischen Langzeit-­Monitoring im Hintergrund werden die sechs Gebäude differenzierter hinsichtlich der Variation von Heizungs­ und Lüftungsanlagen bewertet sowie die individuellen Nutzerbeobachtungen, ­anforderungen und ­befindlichkeiten in Interaktion mit der Haustechnik nachgefragt und diskutiert. In diesem Kontext erhofft man sich detailliertere Belege für die diskutierte Interpretation des Rebound-­Effektes.

Literatur

[1] Greller, M., Schröder, F., Hundt, V., Mundry, B., Papert, O.: Universelle Energiekennzahlen für Deutschland – Teil II: Verbrauchskennzahlenentwicklung nach Baualtersklassen. Bauphysik 32 (2010), Heft 1.

[2] Walberg, D. , T. Gniechwitz, M. Halstenberg: Kostentreiber für den Wohnungsbau­Untersuchung und Betrachtung der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Gestehungskosten und auf die aktuelle Kostenentwicklung von Wohnraum in Deutschland, 2015; Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V., Walkerdamm 17, 24103 Kiel, mail@arge­sh.de.

[3] Weber, I., Schönemann, M., Farny, A., Schröder, F., Wolff, A., Gill, B.: Explaining Flat­Specific Heating Energy Consumption by Building Physics and Behaviour. An Interdisciplinary Approach 2017; LoPa Working Paper Series No. 1, München; www.lokale­passung.de/wp­content/uploads/2017/05/ WP_calculator.pdf.

[4] F. Schröder, B. Gill, M. Güth, T. Teich, A. Wolff: Entwicklung saisonaler Raumtemperaturverteilungen von klassischen zu modernen Gebäudestandards – Sind Reboundeffekte unvermeidbar? Bauphysik 03/2018, Juni.

[5] Ingenieure Süd GmbH: Nachweis des Wärmeschutzes nach der EnEV und nach DIN 4108, DIN EN 832 und DIN 4701­10. Dokumentation Projekt Nr. I­0206 BV: Riem Messestadt, WA 2 und 4, München 2007.

[6] Lexikon der Nachhaltigkeit: Rebound­-Effekt. www.nachhaltigkeit.info/artikel/rebound_effekt_1822. htm, (abgerufen am 29.11.2018)

[7] vgl. beispielsweise DIN EN ISO 7730: Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV-­ und des PPD-­Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit (ISO 7730:2005); Deutsche Fassung EN ISO 7730:2005. Beuth Verlag GmbH Berlin.

[8] Wolff, A., Weber, I., Gill, B., Schubert, J., Schneider, M.: Tackling the interplay of occupants’ heating practices and building physics: Insights from a German mixed methods study. Energy Research & Social Science (2017), Vol. 32, 65­75. (DOI: 10.1016/i.erss.2017.07.003).

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