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Fachbeitrag: Wie sinnvoll ist Feuchterückgewinnung in Wohnräumen?

Ein gesundes und angenehmes Raumklima hängt auch von der Raumluftfeuchtigkeit ab. Durch Verwendung einer mechanischen Lüftungsanlage mit einem Latentwärmeübertrager kann der Austrocknungseffekt verringert werden. In diesem Artikel wird der Einsatz von Latentwärmeübertragern beschrieben.

Ein Fachbeitrag von Stein Hendriks, F&E-Ingenieur bei Recair B.V., Niederlande

Vorwort

Lüftungsanlagen in Wohnungen werden zunehmend mit Wärmeübertragern ausgerüstet. Hocheffiziente, sensible Wärmeübertrager mit Wirkungsgraden von über 90 Prozent sind leicht verfügbar und werden in Wohnraumlüftungsanlagen eingesetzt. Latentwärmeübertrager, die sowohl Feuchtigkeit als auch sensible Energie zurückgewinnen und bei Verzicht auf einige sensible Wirkungsgrade latente Wirkungsgrade von 80 Prozent erreichen können, beginnen, auf dem Markt Fuß zu fassen. Aus rein energetischer Sicht ist die hohe Feuchterückgewinnung aufgrund der hohen Energiekapazität der Luftfeuchtigkeit höchst interessant. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Bewohner und das Raumklima von dieser hohen Feuchterückgewinnung profitieren oder ob die zusätliche Feuchtigkeit ein ideales Umfeld für Mikroben und Schädlinge schafft.

1. Ein gesundes und behagliches Raumklima

Die Art und Weise, wie Menschen Komfort in Innenräumen erleben, hängt in hohem Maße von der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Reinluft ab, die ihrerseits alle voneinander abhängig sind. Moderne Zentralheizungssysteme halten die Wohnungen zwar auf einer konstanten Innentemperatur von ca. 20 °C, aber sie regulieren nicht die Luftfeuchtigkeit. Hohe Luftfeuchtigkeit kann zu einer Verschlechterung des Raumklimas und der Gebäudestruktur führen. Schimmel und Pilze wachsen mit zunehmender Luftfeuchtigkeit und gedeihen in warmen Innenräumen, in denen die Luftfeuchtigkeit, abhängig von den verwendeten Baustoffen, über 80 Prozent liegt.

Die Sauberkeit der Luft und damit die Gesundheit des Raumklimas hängen vom Wachstum gefährlicher Mikroben wie Schimmel und Pilze sowie dem Vorhandensein von Allergenen ab. Milben und ihr Kot gelten als eine der Hauptquellen für Hausallergene. Bis zu 75 Prozent des Körpergewichts von Milben besteht aus Wasser; diese Feuchtigkeit entziehen sie der Luft. Daher gedeihen Milben in feuchten Umgebungen mit einer Luftfeuchtigkeit von 70-80 Prozent.
Um die Luft gesund zu halten, empfiehlt die WHO eine Luftfeuchtigkeit von maximal 75 Prozent und Lüftungsraten von mindestens 50 Prozent pro Stunde.

Eine niedrige Luftfeuchtigkeit hat aber auch ihre Kehrseite. Sie erhöht die Feuchtigkeitsabgabe von Schleimhäuten in die Umwelt. So verdunstet beispielsweise die in der menschlichen Haut vorhandene Feuchtigkeit, was zu einer trockenen Haut führt. Die Verdunstungsrate des Tränenfilms nimmt ebenfalls zu, was zu Augenreizungen führen kann. Daher wird für Innenräume eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 35 Prozent empfohlen, um ein Austrocknen der Schleimhäute zu verhindern. Für ein gesundes und behagliches Raumklima ist daher eine Raumluftfeuchtigkeit zwischen 35 und 70 Prozent optimal.

2. Schätzung der Raumluftfeuchtigkeit

Eine Lüftungsanlage verändert das Raumklima, indem sie die im Raum vorhandene Luft und Feuchtigkeit gegen Luft und Feuchtigkeit von außen austauscht. Daraus resultiert eine Feuchtigkeitsbelastung im Raum, die durch das Außenklima und damit durch jahreszeitliche Schwankungen beeinflusst wird. Auch die Bewohner erzeugen Feuchtigkeit. Kochen, Baden, der menschliche Körper, Pflanzen, Haustiere usw. Sind beispielswiese nicht unerhebliche Feuchtigkeitsquellen.

Zur Ermittlung der Feuchtigkeitsmenge im iHaus wurde ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem sich die gesamte hinzugefügte, entzogene und zurückgewonnene Feuchtigkeit, basierend auf stündlich erfassten jährlichen Wetterdaten aus zahlreichen Großstädten in ganz Europa, berechnen lässt.

3. Beschreibung des Modells

Das Modell berechnet die in einem belüfteten Haus zu jeder Stunde im Laufe des Jahres vorhandene Feuchtigkeitsmenge mit latenten Wirkungsgraden von 0 bis 100 Prozent in 1-Prozent-Intervallen.

Der latente Wirkungsgrad beschreibt die Feuchtigkeitsmenge, die von einem Strom auf den anderen übertragen werden kann. Er ist definiert als die Feuchtigkeitsdifferenz zwischen der Zufuhröffnung und dem Einlass des Wärmeübertragers, dividiert durch die Feuchtigkeisdifferenz zwischen dem Abflusseinlass und der Zufuhröffnung des Wärmeübertragers, korrigiert für die Ungleichgewichte im Massenfluss.

Das Modell geht davon aus, dass die Raumtemperatur konstant bei 20 °C gehalten wird, was in den Niederlande Standard ist und zwei Grad über der von der WHO empfohlenen Raumtemperatur liegt. Die Feuchtigkeit hat zunächst einen Wert von 50 Prozent, was etwa der Mitte des Komfortbereichs entspricht. Das Modell startet mit dem ersten Eintrag im Wetterdatensatz am 01. Januar um 06.00 Uhr. Die Lüftungsanlage ersetzt die gesamte Raumluft stündlich durch Frischluft, die folglich auch die Feuchtigkeit ersetzt. Abhängig vom Feuchtigkeitsgehalt der Innen- und Außenluft, wird die Feuchtigkeit entweder in Bezug auf den Bewohner oder in Bezug auf die Außenseite zurückgewonnen bwz. die dem Haus zugeführte Feuchtigkeit erhöht oder verringert, wie in Bild 1 schematisch dargestellt.

Feuchterückgewinnung Wohnräume Bild1

Bild 1: Feuchtigkeitstransport.

Nach der Berechnung der Raumluftfeuchtigkeit in der ersten Stunde des Jahres wird das Ergebnis für die nächste Stunde verwendet. Dies wird so lange wiederholt, bis das gesamte Jahr berechnet ist.

Das Modell basiert auf mehreren Annahmen, wie der durchschnittlichen Einwohnerzahl und dem Raumvolumen der Eigenheime in den Niederlanden sowie auf den Annahmen, dass die betreffenden Immobilien perfekt isoliert sind und dass keine Luft- oder Wärmeverluste auftreten. Einige Phänomene, wie beispielsweise das Feuchtespeicherungsvermögen von Möbeln und Baustoffen, sind im Modell nicht berücksichtigt, da es sich um Variablen handelt, die für verschiedene Häuser und Regionen oder Länder sehr unterschiedlich ausfallen können.

Das Modell its relativ einfach gehalten, sodass es in verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen Klimazonen und Wohnstilen angewendet werden kann. Dies ist bei der Überprüfung der Ergebnisse zu berücksichtigen.

4. Modellergebnisse

Die Ergebnisse des Modells zeigen den Anteil der Fälle an, in dem die Raumluftfeuchtigkeit außerhalb des Komfortbereichs von 35 – 70 Prozent liegt. Die Verteilung der Luftfeuchtigkeit zwischen ‘zu trocken – komfortabel – zu feucht’ wird durch die Farbabstufung ‘rot – grün – blau’ angezeigt.

Bild 2a und Bild 2b zeigen, wie unterschiedliche latente Wirkungsgrade die Raumluftfeuchtigkeit an jedem Tag bzw. in jedem Monat beeinflussen. Von oben nach unten sinkt der latente Wirkungsgrad von 100 Prozent Feuchterückgewinnung auf 0 Prozent Wirkungsgrad von 100 Prozent Feuchterückgewinnung auf 0 Prozent Wirkungsgrad von 100 Prozent Feuchterückgewinnung auf 0 Prozent Feuchterückgewinnung. Auf der rechten Seite der Diaramme zeigt ein Balken die jährliche Feuchtigkeitsverteilung an. Aus dem Modell geht hervor, dass für München ein latenter Wirkungsgrad von ca. 8 Prozent optimal ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Wirkungsgrad von 8 Prozent ganzjährig ein angenehmes Raumklima erzeugt.

Dies ist aufgrund der saisonalen Schwankungen nicht möglich. Der Wirkungsgrad von 8 Prozent sorgt jedoch dafür, dass die Raumluftfeuchtigkeit die geringste Zeit im Laufe des Jahres außerhalb des Komfortbereichs liegt. Bild 3 zeigt die Feuchteverteilung in verschiedenen Städten, wobei der x- Achsenschnittpunkt den optimalen Wirkungsgrad repräsentiert und negative und positive Werte jeweils überwiegend zu trocken und zu feucht sind.

  • Feuchterckgewinnung Wohnrume Bild2a

    Bild 2a: So beeinflussen unterschiedliche latente Wirkungsgrade die Raumluftfeuchtigkeit (täglich)

  • Feuchterckgewinnung Wohnrume Bild 3 B

    Bild 2b: So beeinflussen unterschiedliche latente Wirkungsgrade die Raumluftfeuchtigkeit.(monatlich)

  • Feuchterckgewinnung Wohnrume Bild4

    Bild 3: Optimaler latenter Wirkungsgrad für mehrere Städte.

    5. Fazit

    Auf der Grundlage der Ergebnisse in Bild 2a und Bild 2b sowie Bild 3 kann festgestellt werden, dass die Feuchterückgewinnung für das Haus und seine Bewohner positive Effekte haben kann. Evident ist auch, dass die Höhe der gewünschten Feuchterückgewinnung stark von der geografischen Lage und dem lokalen Klima abhängt. Auch saisonale Wetteränderungen beeinflussen die angestrebte Rückgewinnung. Dennoch sind die in Latentwärmeübertragern üblichen hohen Feuchtigkeitsrückgewinnungsraten meist zu hoch und können das Raumklima beeinträchtigen.

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